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Trabant

© dpa

Jubiläum: Immer auf Trab

Vor 50 Jahren lief in Zwickau der erste Trabant vom Band. Das Jubiläum feiern viele Traditionsklubs in der Geburtsstadt.

Wenn „Ossi-Power“ um die Ecke biegt, verdrehen die meisten Passanten ungläubig die Augen. Denn das Gefährt mit dem breiten Schriftzug an der Frontscheibe sieht zwar aus wie ein Trabant, er knattert und riecht auch so und hinterlässt die typische blau-graue Abgasfahne. Aber so schön war doch gar kein Trabi, denken sich viele und winken ab. Erst wenn sie den „kleinen Stinker“ auf einem Parkplatz irgendwo im südlichen Berliner Umland wiedererkennen und ihn genauer betrachten, staunen sie über so viel Erfindergeist.

Aus einem alten Trabant der Reihe 600 – die meisten der heute noch auf den Straßen befindlichen Duroplast-Autos gehören zum Typ „601“ – ist ein richtiges Schmuckstück geworden: drastisch tiefergelegt, von der alten Kombi-Karosse blieben nur die beiden Vordersitze, dahinter entstand wie bei einem modernen Pick- up eine Ladefläche, und das ganze Auto erhielt eine leuchtende orange-goldene Farbe. Beim großen Trabi-Treffen zum 50. Trabi-Geburtstag am Wochenende in Zwickau dürfte das Auto von Micha Schneider vom Ossi-Power-Club Ludwigsfelde zu den Stars gehören.

Fast 100 Trabant-Fahrer aus ganz Deutschland haben sich bisher angemeldet, um die Geburtsstunde ihres Lieblings am 7. November 1957 gebührend zu feiern. An jenem Tag war das erste Fahrzeug der Nullserie des P 50 in der Heimatstadt des deutschen Automobilbaus vom Band gelaufen. Später folgten die Typen P 70, P 600 und P 601 und schließlich der Trabant 1.1. mit VW-Motor. Bis zum 30. April 1991 produzierte das Sachsenring-Werk genau 3 096 099 Autos. Das Kraftfahrzeug-Bundesamt in Flensburg zählte am Jahresbeginn noch rund 52 000 Trabis – 43 000 davon in Ostdeutschland. 1993 fuhren noch 900 000 Trabis im Osten und manchmal auch im Westen.

Die meisten Exemplare der erst nach der Wende zum „Kultauto“ hochgejubelten Typenreihe tragen nur noch Saisonkennzeichen. Ab November werden sie daher fürsorglich eingepackt und vor jeglichen Schlechtwetterangriffen geschützt. „Ich fahre mit meinem Pick-up aber das ganze Jahr über“, erzählt Micha Schneider von den „Ossi-Powers“, die insgesamt fünf Trabis und einen Barkas pflegen und hegen. Sein von ihm wegen seiner runden Form „Kugel-Porsche“ (so hießen einst die ersten VW-Käfer) genannter Liebling weist wie fast alle DDR-Zweitakter eine lange Familiengeschichte auf. „Der Großvater meiner Frau kaufte 1964 den ‚600er’. Genau 37 Jahre später schien er jedoch nicht mehr zu retten“, erzählt der Bastler. „Der Rost am Unterboden und anderen Stellen hatte zu große Löcher gefressen.“ Da habe eben nur die Entscheidung zwischen originaler Restaurierung und Veränderung gestanden. Der Reiz einer völlig neuen Variante habe schließlich gesiegt. „Es ist einfach herrlich, an einem Auto wirklich alle Reparaturen allein bewerkstelligen zu können.“ Der Zwickauer Organisator des Trabi-Geburtstages am Wochenende freut sich über jede Anmeldung. „Im November fahren eben nur noch wenige Trabants“, sagt Matthias Metz von der Stadtverwaltung. „Wer kommt, kann am Sonnabend die Eröffnung der Sonderausstellungen über 50 Jahre Trabant im August-Horch-Museum, einen Tag der offenen Tür im Sachsenring-Werk und viele Unterhaltungsprogramme rund um unser Auto erleben.“ Natürlich könnten Besucher ohne eigenen Trabi Schnuppertouren unternehmen und dann tatsächlich einmal eigenhändig den Benzinhahn vor dem Start aufdrehen. So manche Diskussion wird sich auch um eine mögliche Wiederbelebung des Trabis bewegen. Die Modellbaufirma „Herpa“ aus dem fränkischen Dietenhofen hatte auf der letzten Automobilausstellung in Frankfurt am Main einen 40 Zentimeter langen Prototyp eines modernisierten Trabants präsentiert. Schon 2008 soll ein fahrbereites Auto von vier Meter Länge folgen. Noch fehlt aber ein Hersteller der technischen Basis für die Kunststoffkarosse. Wie Marketingchef Klaus Schindler stolz verkündete, sei das Interesse enorm. Möglicherweise erhält das Auto einen Elektromotor, der die Reichweite allerdings recht stark einschränken und den „New Trabi“ wohl zum Spaßauto machen würde.

Schon im Jahr 2001 hatte der Designer Luigi Colani einen aerodynamischen Trabi präsentiert. Doch nach einer kurzen Aufmerksamkeitswelle verschwanden die futuristisch anmutenden Studien in den Archiven. Deshalb werden alle Neuerungen von den zahlreichen TrabiCubs mit Skepsis betrachtet. Sie schwören stattdessen auf das Original und halten die Erinnerung an so manche Begebenheit wach.

Dazu gehören der Ersatz des gerissenen Keilriemens durch einen Nylonstrumpf ebenso wie die Verwandlung des Autodachs in den Boden eines Klappzeltes. Außerdem dürfte der Trabi das wohl einzige Auto auf der Welt gewesen sein, für das die Besitzer ein eigenes Ersatzteillager angelegt hatten. Aus bitteren Erfahrungen der Mangelwirtschaft gelernt, kauften sie Auspuffanlagen, Lichtmaschinen, Anlasser oder Reifen bei den seltenen Gelegenheiten in solchen Mengen auf, dass die Werkstätten selbst keine Materialien anbieten konnten. Helfen wollten sie dann oft nur im Tausch gegen andere begehrte Waren oder viel Bargeld, wenn möglich in West. Darüber kann die heutige Generation der Trabi-Fahrer nur lächeln.

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