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© dpa

Jugendkriminalität: Erniedrigt und gequält

Am Montagabend erreichte die Polizei in München der Anruf einer Mutter. Im Stadtteil Milbertshofen sei eine alte Frau in der eigenen Wohnung gequält und misshandelt worden, wusste die Anruferin zu berichten. Die Polizei solle dem Opfer doch bitte zu Hilfe eilen.

Am Montagabend erreichte die Polizei in München der Anruf einer Mutter. Im Stadtteil Milbertshofen sei eine alte Frau in der eigenen Wohnung gequält und misshandelt worden, wusste die Anruferin zu berichten. Die Polizei solle dem Opfer doch bitte zu Hilfe eilen. Die Täter konnte die Anruferin auch gleich benennen: Es war ihr 13-jähriger Sohn und dessen gleichaltriger Schulfreund.

Wie die Münchner Polizei inzwischen rekonstruiert hat, besuchten die beiden deutschen Schüler die 83-jährige Frau am Montagnachmittag in deren Wohnung. Der Junge, den die Polizei nach dem derzeitigen vorläufigen Ermittlungsstand als Haupttäter verdächtigt, hatte für die Frau in den vergangenen Monaten offenbar regelmäßig Einkäufe und andere Gänge erledigt. Allerdings habe sie den Kontakt zu ihm abgebrochen, als ihr Helfer sie am Rosenmontag plötzlich ans Schienbein getreten hatte. In der Wohnung besprühten die strafunmündigen Jungen ihr Opfer nach Polizeierkenntnissen mit Rasierschaum und bespritzten sie mit Maggi-Würze. Außerdem flößten sie der Frau gewaltsam Jägermeister ein. Nachdem sie sie noch weiter beschmutzt, traktiert und erniedrigt hatten, verletzten die Täter die inzwischen hilflose Frau mit Fußtritten. Dann ließen die Schüler ihr Opfer in der Wohnung zurück. Dort fanden die alarmierten Polizisten später die völlig verstörte Frau. Sie lag am Boden, war dann aber noch fähig, selbst die Tür zu ihrer Wohnung zu öffnen, als die Beamten kamen.

In einem Krankenhaus stellten die Ärzte später Verletzungen durch das Maggi im Auge und Prellungen durch die Tritte fest. Am Mittwoch lag sie noch in der Klinik. Ob die Augenverletzung Spätfolgen haben wird, sei noch offen, sagte ein Sprecher der Münchner Polizei am Mittwoch.

Die Rekonstruktion der Tat gestaltet sich jedoch schwierig. Sie stützt sich zum einen auf die Schilderungen der Mutter. Ihr war der Freund ihres Sohnes offenbar schon relativ bald nach der Tat begegnet. Dabei berichtete er vom Geschehen. Auch das Opfer wurde von der Polizei befragt. Sie konnte wohl auch schon einige Angaben machen. Doch aufgrund der Demenzerkrankung ergibt sich aus ihren Aussagen kein vollständiges Bild.

Die Jungen schweigen derweil zu ihrer Tat. Durch die Polizei befragt, verweisen sie lediglich auf den jeweils anderen. Der eine schiebt dem anderen die Schuld zu. Der als Mittäter verdächtigte Schüler hat sogar angegeben, er sei gezwungen worden, in der Wohnung zu bleiben. Die Polizei geht aber trotzdem davon aus, dass beide an den Misshandlungen beteiligt waren. Wegen der schwierigen Vernehmungen wissen die Ermittler auch noch nichts über ein mögliches Motiv.

Beide Schüler sind der Polizei bekannt, allerdings als Ausreißer. Um beide kümmert sich schon seit längerem das Jugendamt, sie gelten als verhaltensauffällig. Was jetzt mit ihnen geschehen soll, wird ebenfalls in den Händen des Jugendamts liegen, wie die Polizei betont. Die Ermittlungen seien schon beendet, bevor sie wirklich begonnen haben, drückt es ein Polizeisprecher aus. Natürlich werde bis zum Ende ermittelt, aber das werde kaum juristische Folgen haben. Als 13-Jährige unterliegen die Schüler keiner Gerichtsbarkeit. Zu entscheiden wird sein, ob sie (in enger Begleitung) im Elternhaus bleiben können oder besser in einer anderen erzieherischen Einrichtung untergebracht werden.

Den derzeit als Haupttäter verdächtigten Jungen fand die Polizei am Montagabend weit entfernt vom Tatort im Südosten Münchens in der Frauenhoferstraße. Milbertshofen liegt im Norden der Stadt. Der Junge wurde inzwischen in eine psychiatrische Klinik gebracht, da der Schüler, der offenbar schon seit einiger Zeit in psychologischer Behandlung ist, von Selbstmordabsichten gesprochen habe. Allerdings konnte die Polizei am Mittwoch nicht sagen, wann er diese geäußert haben soll. Der zweite, als Mittäter betrachtete Junge durfte dagegen mit seinen Eltern nach Hause gehen.

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