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Anecken. Im Eckigen Rundbau, einem Industriedenkmal, fand die erste Bread & Butter statt.

© promo

Bread & Butter: Eine Modemesse der ganz neuen Art

Ein Lebensgefühl – darum geht es. Wie die Bread & Butter in Köln entstand.

Die erste Bread & Butter, als Satellit zur traditionsreichen Kölner Messe „Herren-Mode-Woche/Interjeans“ geplant, funktionierte wie ein Club mit einer extrem strengen Tür – nur der innere Zirkel hatte Zugang. Statt Masse in funktionalen Messehallen Klasse an einem aufregenden Ort, lautete das Konzept im Sommer 2001. Inszeniert wurde die „Off-Show“ von Ansgar Schmidt und Hennig Ziepke vom Architekturbüro S1 im „eckigen Rundbau“, einem Industriedenkmal, das mit seinen Galerien an das New Yorker Guggenheim Museum erinnert.

Alles wurde bis ins kleinste Detail gestaltet, sogar eine eigene Währung, die „Brands“, wurde geschaffen. Jeder Schritt war für die 5000 Besucher ein Erlebnis. Wie befreit feierte die Modebranche den Abschied vom Muff der 1970er Jahre: Statt an Tischen über Abverkaufsquoten zu sprechen, saß man in einer Lounge und inhalierte den Lifestyle. Es war, als ob man von zu Hause ausgezogen wäre und endlich eine sturmfreie Bude hätte.

Die 50 Aussteller übertrafen sich gegenseitig mit ihren Präsentationen. Pepe baute einen zur Legende gewordenen „Fleamarket“ auf, später Boxfresh einen großen Pool, und G-Star ließ einen Rhein-Dampfer zum Showroom umbauen und seine Kunden die wenigen Meter zum Rhein chauffieren. Gleich die erste Veranstaltung, von Karl-Heinz Müller und seinen Freunden Kristian Geyr und Wolfgang Ahlers neben ihren Jobs organisiert, war ein durchschlagender Erfolg. Die Gründe dafür waren vielfältig.

Zunächst gab es mit der „Herren-Mode-Woche/Interjeans“ einen Gegner. Das Unternehmen, mehrheitlich im Besitz der Stadt Köln und des Landes Nordrhein-Westfalen, zeichnete zwar noch im Sommer 2000 das Bild einer Weltleitmesse – rund 1500 Unternehmen aus 42 Staaten belegten eine Ausstellungsfläche von 180 000 Quadratmetern und damit mehr als alle anderen europäischen Männermodemessen zusammen. Doch unter Ausstellern und Einkäufern herrschte Unmut. Sie klagten über verrammelte „Messeburgen“, den Kantinencharme der überteuerten Messerestaurants, eine altbackene Atmosphäre und fehlenden Talente. „Unternehmen wie Levi’s oder G-Star investieren Unsummen in ihre Kommunikation, und dann kommt die Köln-Messe und macht alles kaputt“, sagte Müller im Frühjahr 2000. Dazu bot die Bread & Butter eine Alternative.

Ein anderes Erfolgsgeheimnis ist Müllers Lebenslauf. Er begann als Auszubildender eines Delikatessengeschäftes, arbeitete in der Industrie für Mars, Levi’s, Bigstar, Marc O’Polo und Pepe, bevor er sich in Köln mit dem Jeansgeschäft „Fourteen Ounce“ sowie der Vertretung von Le Coq Sportif selbstständig machte. Müller ist mit dieser Erfahrungen ein Unikat unter den deutschen Messemachern.

Der notwendige Sauerstoff kam durch einen neuen Zeitgeist. Waren Anfang der 1990er Jahre noch große Konfektionäre wie Steilmann wichtig, wurde die Kleidung nun informeller und legerer. Ein Segment, das Müller „Street- und Urbanwear“ nennt, ist heute der wohl größte Modemarkt. Auch deutete sich an, dass das Geschäft sehr viel internationaler wird. Doch vor allem hatte Müller verstanden, dass es nicht mehr nur um das Produkt, sondern vor allem um ein Lebensgefühl geht. Kleider brauchen eine adäquate Präsentation mit der entsprechenden Architektur, Musik, Essen und Unterhaltung.

Die Bread & Butter leistet so, was eine der wichtigsten Aufgabe einer Modemesse ist: die Saison unter das Vorzeichen einer positiven Stimmung zu stellen. Der Erfolg brachte eine starke Dynamik. Zunächst geriet die Köln-Messe ins Wanken. Hinzu kam, dass die Düsseldorfer Messe für Damenmode CPD Köln den Kampf angesagt und die Herrenmode nach Düsseldorf geholt hatte. Am 17. Dezember 2002 um 13.30 Uhr kam das offizielle Aus. Die weltweit führende Leitmesse für Männermode, Jeans- und Streetwear erlebte in nur zwei Jahren ihren Niedergang. Die Ankündigung Müllers, nach drei Veranstaltungen im Januar 2003 nach Berlin zu gehen, löste Begeisterung aus.

Joachim Schirrmacher

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