zum Hauptinhalt

Moskau: Kampfflugzeuge gegen Schnee

Moskaus Stadtregierung will Wolken mit der Luftwaffe attackieren lassen – um Geld bei der Straßenräumung einzusparen.

Minus sieben Grad und üppiger Schneefall sorgen in Moskau seit Wochenbeginn zwar für einen frischen Teint. Aber auch für den Zusammenbruch des Verkehrs. Bis zu 15 Zentimeter Schnee ging am Montag auf die Millionenstadt nieder– und das für viele völlig unerwartet. Da Moskau zur Tatzeit unter dem Einfluss eines Hochdruckgebiets stand, bei dem es gewöhnlich kaum Niederschläge gibt, hatten Meteorologen zunächst auf eine Unwetterwarnung verzichtet. Oberbürgermeister Juri Luschkow war alles andere als amüsiert und ließ sich auch durch das Besserungsversprechen von Moskaus oberstem Wetterpropheten Alexej Ljachow nicht besänftigen. Derartige „Fehlspekulationen“, ließ er über seinen Pressechef verkünden, kämen Moskau extrem teuer zu stehen. In der Tat: Zeitweilig waren mehr als 6000 Räumfahrzeuge rund um die Uhr im Einsatz.

Nun sagt Luschkow dem Schnee den Kampf an und schreckt auch vor Waffeneinsatz nicht zurück. Künftig sollen die Schneewolken gezwungen werden, sich ihrer nasskalten Fracht bereits vor der Stadtgrenze zu entledigen. Das würde die Stadtkasse jährlich zwar mit 180 Millionen Rubel – rund vier Millionen Euro – belasten, dafür könnten jedoch jene umgerechnet 6,8 Millionen Euro eingespart werden, die alljährlich für die Räumung und Entsorgung von Schnee anfallen.

Wenn die Praxis denn mitspielt. Bisher ist das Projekt nur graue Theorie, das erste Experiment ist für Februar geplant. Dabei sollen Kampfflugzeuge aufsteigen und die Wolken mit einem chemischem Wirkstoff attackieren. Wird er unter hohem Druck versprüht, entstehen mikroskopisch kleine Tropfen, die sich an die Schneekristalle heften, die dadurch schwerer werden und zur Erde fallen.

Ganz neu ist das Verfahren nicht. Zum Tag des Sieges im Zweiten Weltkrieg am 9. Mai rückte die Luftwaffe schon zu Sowjetzeiten Regenwolken auf den Pelz. Für die Militärparaden und Flugshows auf und über dem Roten Platz wurde klarer Himmel gebraucht. Ob sich die Technologie auch beim Kampf mit Schneewolken bewährt, ist umstritten. Viele Experten, darunter auch Roman Wildfand, der Chef des russischen Wetterdienstes, zweifeln am Erfolg und haben auch ökologische Bedenken gegen den Großfeldversuch angemeldet. Gegen das Experiment hat sich auch die Regionalregierung des Moskauer Gebiets, die mit den Kollegen in der Hauptstadt ohnehin im Dauerclinch liegt, ausgesprochen. Sie befürchtet langfristig Klimaveränderungen, vor allem aber explodierende Kosten für den eigenen Winterdienst. Denn den Schnee, der laut himmlischem Ratschluss auf die ungeliebte Hauptstadt fallen soll, würde dann auf den Straßen des Umlands niedergehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false