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Baden in Zeiten der Ölpest. Die klebrige Masse hat jetzt auch die Strände von Alabama erreicht.

© AFP

Öl-Katastrophe: Wenn die Strände schwarz werden

Die Versuche, die Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko aufzuhalten, werden zunehmend verzweifelter. Jetzt bangt die Tourismusindustrie in Florida um ihre Einnahmen.

Der Ölkonzern BP kämpft mit Sägen und Riesenzangen gegen die Ölpest im Golf von Mexiko. Am späten Mittwochabend war der Versuch gescheitert, die Steigleitung, aus der seit dem Untergang der Ölförderplattform „Deepwater Horizon“ täglich tausende Tonnen Rohöl ins Meer fließen, mit einer Säge zu durchtrennen. Die Säge blieb in dem Rohr stecken. Am Donnerstag wurde der Versuch mit einer riesigen Säge wiederholt – nach Angaben des Sonderbeauftragten der Regierung, Admiral Thad Allen mit Erfolg. Er beschrieb die Vorrichtung im Fernsehsender ABC als „große Schere, die hydraulisch betrieben wird“. Nun soll auf die abgetrennte Leitung eine Art Trichter aufgestülpt werden, durch den das Öl abgepumpt werden soll. Der Trichter sei bereits über dem Öl-Leck in Stellung, sagte Allen. Er solle nun abgesenkt werden. Dem Versuch mit der Zange sind bereits mehrere Fehlschläge vorangegangen. Seit rund sechs Wochen quillt das Öl in rund 1500 Meter Tiefe in den Golf von Mexiko.

Die Ölpest bedroht die Küsten von vier US-Bundesstaaten, darunter die Strände Floridas, und das kurz vor der Hauptsaison. Die Tourismusindustrie in Florida setzt im Jahr rund 60 Milliarden Dollar um – zumindest dann, wenn nicht Ölklumpen die weißen Strände des Badeortes Pensacola verunstalten. In Alabama sind bereits Ölklumpen an die Küste gespült worden, Mississippi gilt als stark gefährdet. Zuvor war die Ölkatastrophe auf den Bundesstaat Louisiana beschränkt gewesen.

Der amerikanische Präsident Barack Obama, der seit Wochen darunter leidet, dass sämtliche Versuche des BP-Konzerns, das Leck zu stopfen, gescheitert sind, will nun doch noch einmal einen Anlauf nehmen, das US-Klimagesetz, das im Senat festhängt, noch vor der Kongresswahl im November in Angriff zu nehmen. In Pittsburgh sagte er: „Wenn wir nicht die vollen Kosten unserer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen berechnen, dann verpassen wir unsere Chance auf eine Zukunft mit sauberer Energie.“ Die Kosten für die Ölbohrungen in der Tiefsee seien zu groß, wenn man Sicherheits- und Umweltrisiken mit einrechne, fuhr er fort. Doch obwohl die Ölkatastrophe die amerikanische Öffentlichkeit aufzurütteln beginnt, dürften dem Präsidenten im widerspenstigen Senat die entscheidenden Stimmen für eine Energiewende fehlen.

BP-Chef Tony Hayward gab zu, dass sein Konzern auf einen solchen Unfall zu schlecht vorbereitet war. Er entschuldigte sich in den USA in Fernseh-Werbespots und Zeitungsanzeigen. „Es stimmt ohne Zweifel, dass wir nicht die Werkzeuge hatten, die in einen Werkzeugkasten gehören“, sagte Hayward der „Financial Times“. Auf Druck von Washington erklärte sich BP am Donnerstag bereit, die Kosten für den Bau von sechs künstlichen Sandinseln vor Louisianas empfindlichen Sumpfgebieten in Höhe von 360 Millionen Dollar zu übernehmen.

Wie groß die Verzweiflung inzwischen ist, zeigen die aberwitzigen Lösungsvorschläge, die präsentiert werden. Der Regisseur James Cameron hat BP schon vor einiger Zeit seine Hilfe angetragen. Doch der Konzern wollte nicht auf die Expertise des Titanic-Regisseurs zurückgreifen. Für seinen Film hatte Cameron Aufnahmen im Wrack des Schiffes in etwa 4000 Meter Tiefe machen lassen. Dafür waren extra ferngesteuerte Gerätschaften entwickelt worden. Am Mittwoch nahm Cameron an einem Expertentreffen der US-Umweltbehörde EPA teil. Die „New York Times“ berichtete über Vorschläge, eine Atombombe gegen das Leck einzusetzen. Vor einigen Jahrzehnten sollen Ingenieure der Sowjetunion eine nukleare Bombe eingesetzt haben, um Gasquellen zu verstopfen. Bei der Regierung stieß der Vorschlag aber nicht auf Gegenliebe.

Weltweit gehen die leicht auszubeutenden Ölquellen zur Neige, gleichzeitig hat das dramatische Wachstum der chinesischen Wirtschaft vor der Wirtschaftskrise den Preis in die Höhe getrieben. Deshalb sind vor Angola und Brasilien, demnächst auch vor Nigeria und Ghana riesige Tiefsee-Lagerstätten angebohrt worden. Angola hat mit solchen Offshore-Förderplattformen inzwischen Nigeria als Afrikas größter Ölförderer überholt. Vor Brasilien und Angola wird das Öl in Tiefen von 3000 bis 4000 Metern gefördert. In dieser Tiefe können Menschen nicht arbeiten, der Druck ist zu hoch. Und auch ferngesteuerte Roboter sind besonderen Belastungen ausgesetzt. Doch offenbar haben sich die Ölkonzerne vor der Katastrophe im Golf von Mexiko wenig Gedanken darüber gemacht, was sie tun können, wenn etwas schiefgeht. mit dpa

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