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Ein Bereich der Queen Elizabeth Gardens in Salisbury ist mit Polizeiband abgesperrt.

© PA Wire/dpa

Update

Paar nahe Salisbury vergiftet: Nowitschok-Rätsel: Ermittler prüfen mögliche Kreuzkontamination

Im März wurde der russische Ex-Agent Skripal in Salisbury vergiftet. Nun gibt es in der Nähe einen ganz ähnlichen Vorfall. Die Bewohner der Region fürchten um ihre Sicherheit.

Die lebensbedrohliche Vergiftung eines Paares in Südengland vier Monate nach dem Anschlag auf die Skripals löst neue Ängste bei den Menschen in der Region aus. „Wir dürfen den Effekt nicht unterschätzen, der von der schockierenden Nachricht eines zweiten solch schweren Vorfalls binnen derart kurzer Zeit ausgeht“, warnte der Polizeichef der Grafschaft Wiltshire, Kier Pritchard.

Für Verunsicherung sorgt vor allem die ungeklärte Frage, wie und wo die neuerliche Kontamination geschah. Die Ermittler prüfen einem Bericht zufolge, ob das im Fall Skripal verwendete Behältnis für das Nervengift ungewollt auch die nun erkrankten Briten in Lebensgefahr gebracht haben könnte.

Vier Monate nach dem Giftanschlag auf die Skripals sind in der Region wieder ein Mann und eine Frau lebensbedrohlich erkrankt. Ermittler erklärten, das Paar sei durch den Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden. Dies zeigten Untersuchungen des Militärforschungszentrums Porton Down. "Wir sind nicht in der Lage zu sagen, ob das Nervenmittel aus derselben Charge stammt, der die Skripals ausgesetzt waren", sagte Basu. "Die Möglichkeit, dass diese beiden Fälle miteinander verbunden sein könnten, ist für uns eindeutig eine Frage, der wir nachgehen."

Laut Basu deutet bislang jedoch nichts darauf hin, dass die beiden Opfer "auf irgendeine Weise gezielt angegriffen" wurden. Woher das Nervengift genau komme, müssten weitere Untersuchungen zeigen. Auch blieb zunächst offen, wie die beiden Briten mit dem Gift in Berührung kamen. Für die Öffentlichkeit bestehe nur ein "geringes Risiko", sagte Basu.

Als Reaktion auf den neuerlichen Vergiftungsfall tritt der Sicherheitsrat der Regierung, das sogenannte Cobra-Komitee, am Donnerstag zu einer Krisensitzung unter Führung des britischen Innenministers Sajid Javid zusammen. Federführend bei den Ermittlungen ist die mit über 100 Kräften beteiligte Anti-Terror-Sektion der Polizei.

Statt der Theorie eines zweiten Anschlags prüfen die Ermittler laut der Nachrichtenagentur Press Association auch den Verdacht einer sogenannten Kreuzkontamination. Der vor der Attacke auf die Skripals verwendete Behälter zur Aufbewahrung des Nervengifts sei bis heute nicht gefunden worden, sagte eine ranghohe Regierungsquelle der PA. Denkbar sei deshalb, dass das Paar mit demselben Gegenstand in Berührung kam.

Das Paar schwebt offenbar in Lebensgefahr

Bei den Opfern handelt es sich nach Polizeiangaben um einen 45-Jährigen und eine 44-Jährige aus der Region. Zunächst sei die Frau am Samstag kollabiert, später mussten die Notärzte auch den Mann ins Krankenhaus bringen.

Beamte der Terrorabwehr untersuchten den Fall gemeinsam mit der Polizei von Wiltshire, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Ein Sprecher fügte hinzu, da die aufgetretene Substanz unbekannt sei, sei die Zusammenarbeit mit der Terrorabwehr eine "arbeitstechnische" Maßnahme.

Das Paar schwebt in Lebensgefahr. Der Mann und die Frau wurden in Amesbury gefunden. Das Dorf liegt wenige Kilometer von dem Ort entfernt, an dem der russische Ex-Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter im März Opfer eines Giftanschlags geworden waren.

Die Polizei in der südwestlichen Grafschaft Wiltshire sprach von einem „größeren Vorfall“. Einige Bereiche in Salisbury sowie in der Stadt Amesbury rund 13 Kilometer weiter nördlich wurden demnach vorsichtshalber abgesperrt.

Handelt es sich um ein Verbrechen?

Es sei nicht klar, ob die Betroffenen Opfer eines Verbrechens geworden seien, hatte es zunächst geheißen. Die Gesundheitsbehörde ging nach eigenen Angaben nicht von einer „bedeutenden Gesundheitsgefährdung“ für die Öffentlichkeit aus.

Die beiden Betroffenen wurden nach Angaben der Polizei bereits am Samstagabend bewusstlos in einem Wohnhaus in Amesbury gefunden. Die Beamten seien zunächst davon ausgegangen, dass die beiden möglicherweise verunreinigtes Heroin oder Crack-Kokain eingenommen haben könnten. Es werde aber noch genau untersucht, welche Substanz im Spiel gewesen sei. Die Polizei habe Gegenden abgesperrt, an denen sich die beiden zuvor aufgehalten hätten.

Im März waren Teile der Innenstadt von Salisbury abgeriegelt worden, nachdem der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia dort mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden waren. Der Fall machte weltweit Schlagzeilen und löste einen diplomatischen Schlagabtausch zwischen London und Moskau aus. (dpa, AFP, Reuters)

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