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Panorama: Rekord-Entschädigung: Asche zu Geld

Die Höhe der Summe ist ein Rekord. Noch nie hat ein einzelner Mensch so viel Geld für sich erstritten.

Die Höhe der Summe ist ein Rekord. Noch nie hat ein einzelner Mensch so viel Geld für sich erstritten. Ein Geschworenengericht in Los Angeles hat am Mittwoch den Tabakkonzern Philip Morris dazu verurteilt, umgerechnet knapp sieben Milliarden Mark an einen krebskranken Raucher aus der kalifornischen Stadt Topanga zu zahlen.

Damit setzte sich ein Trend fort, der in den vergangenen Jahren eingesetzt hatte: Raucher in den USA bekommen von der Justiz zunehmend höhere Beträge für Folgeschäden ihres Konsums zugesprochen. Erst vor kurzem waren fünf Unternehmen der Branche, darunter auch Philip Morris, nach einer Sammelklage von mehreren tausend Rauchern in Florida zu Zahlungen von insgesamt 145 Milliarden Dollar verurteilt worden. Die Firmen, so hieß es in der Begründung, würden ein "tödliches Produkt" herstellen. Die höchste Summe, die ein Raucher bislang erstritten hatte, waren 80 Millionen Dollar. In allen Fällen sind die Tabakfirmen in Berufung gegangen. Die letztinstanzlichen Entscheidungen stehen noch aus.

Als er 13 war, fing Richard Boeken mit dem Rauchen an. Zu der Zeit standen keine Warnhinweise auf den Zigarettenschachteln, die auf das Gesundheitsrisiko hingewiesen hätten. Boeken wurde süchtig, konsumierte bald regelmäßig zwei Packungen der Marke "Marlboro" am Tag. Später, das sagte sein Anwalt, glaubte er den Aussagen des Herstellers, der den Zusammenhang zwischen Krebs und Rauchen lang Zeit geleugnet hatte. Als Boeken die Gefahren bewusst wurden, schaffte er es nicht mehr, mit dem Rauchen aufzuhören. Vor zehn Jahren, da war er 46 Jahre alt, diagnostizierten die Ärzte bei ihm Lungenkrebs. Der breitete sich innerhalb kurzer Zeit zunächst auf das Rückgrat, dann auf das Gehirn aus. Inzwischen ist die Lebenserwartung des Geschäftsmannes nur noch gering.

Philip Morris ist der größte Zigarettenproduzent in den Vereinigten Staaten. Der Anwalt des Unternehmens betonte in seinem Schlussplädoyer, dass Boeken niemals zum Rauchen gezwungen worden sei, sondern freiwillig zur Zigarette gegriffen habe. Dessen Schicksal sei eine "persönliche Tragödie", aber über die mit dem Rauchen verbundenen Gefahren sei sich der Kläger während der längsten Zeit seiner Sucht bewusst gewesen.

Diesen Argumenten folgte die Jury im US-Bundesstaat Kalifornien nicht. Philip Morris wurde des Betrugs, der Fahrlässigkeit und der Herstellung eines mangelhaften Produkts für schuldig befunden. Das Strafmaß setzt sich zusammen aus einer Geldstrafe in Höhe von drei Milliarden Dollar und einem Schadenersatz von 5,5 Millionen Dollar. "Wir dachten, diese Zahlen würden das Unternehmen schmerzen", sagte anschließend eine der Geschworenen, Denise Key. "Wir wollen, dass Philip Morris seiner Verantwortung gerecht wird."

Boekens Anwalt bezeichnete seinen Mandanten als das Opfer einer jahrzehntelangen Werbekampagne der Tabakindustrie, die Rauchen als "cool" dargestellt habe. Der Konzern Philip Morris sei der "größte Drogenhändler der Welt" und stelle durch seine Aktivitäten sogar die kolumbianischen Drogenkartelle in den Schatten. Das Urteil sei "ein Schritt, die Tabakindustrie wegen der Tötung von mehr als 20 Millionen Amerikanern in den vergangenen 50 Jahren kleinzukriegen".

Der Anwalt des Unternehmens dagegen kritisierte den Geschworenenspruch. "Mit solchen Urteilen macht sich das US-Justizsystem weltweit lächerlich", sagte er. Auch Rechtsexperten bezweifeln, ob die Höhe des verhängten Strafgelds Bestand haben wird. Das Verhältnis zwischen Strafgeld und Schadenersatz sei nicht nachvollziehbar, hieß es.

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