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Im Juli 2013 wurde Frank Hanebuth in Palma de Mallorca festgenommen.

© Monserrat T. Diez/ picture alliance / dpa

Rockermafia auf Mallorca: Untersuchungshaft für deutschen Hells-Angels-Chef verlängert

Menschenhandel und Erpressung: Die Hells Angels wollten auf der Ferieninsel mafiöse Strukturen aufbauen. Der 50-jährige Rockerboss Frank Hanebuth aus Hannover muss nun deshalb weiter in spanischer Untersuchungshaft bleiben

Es war eine ziemlich lange Reise für Deutschlands wohl berüchtigsten Rockerboss, den 50-jährigen Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth: In brütender Hitze ging es in einem grün-weißen Gefangenentransporter vom Hochsicherheitsgefängnis nahe der südspanischen Stadt Puerto de Santa María zum Nationalen Gerichtshof in der spanischen Hauptstadt Madrid. Und nach einer kurzen Anhörung vor dem Haftrichter Eloy Velasco wurde er über die Autobahn wieder 650 Kilometer zurück in jenen Knast transportiert, in dem er zusammen mit Terroristen und anderen als gefährlich geltenden Verbrechern schmort.

Bis mindestens 2017 hinter Gittern

Gelohnt hat sich dieser Trip für die frühere Rotlichtgröße aus Hannover nicht. Richter Velasco hatte kein Erbarmen mit jenem Mann, der nach Meinung der spanischen Ermittler versucht hatte, mit den Hells Angels Mallorca zu erobern, dort kriminelle Geschäfte zu betreiben und vor allem das Prostitutionsgeschäft unter Kontrolle zu bekommen. Velasco verlängerte die Untersuchungshaft Hanebuths, der im Sommer 2013 auf Mallorca im Zuge eines Schlags gegen die „Höllenengel“ festgenommen worden war, um weitere zwei Jahre.
Somit muss Hanebuth hinter Gittern auf seinen Prozess warten, in dem ihm wegen des Vorwurfs des Menschenhandels, der Zuhälterei und anderer Delikte eine lange Haftstrafe droht. Er selbst bestreitet alle Beschuldigungen. Untersuchungsrichter Velasco bezeichnet ihn dagegen als „einen der führenden Chefs der Hells Angels in Europa“. Diese Organisation gehöre wiederum zu den „wichtigsten außerhalb des Gesetzes stehenden Rockerbanden, die auf dem Kontinent operieren“.

Laut Richterbeschluss kann Hanebuth nun bis maximal Juni 2017 in U-Haft eingesperrt werden. Hanebuths Verteidiger hatten eine sofortige Freilassung beantragt. Wann der Mammutprozess anlaufen wird, in dem sich Hanebuth und 54 weitere Beschuldigte verantworten sollen, steht noch nicht fest. Nach dem spanischen Strafgesetzbuch dürfen Beschuldigte bis zu vier Jahre in Untersuchungshaft gehalten werden, die dann bei Verurteilung auf die Gefängnisstrafe angerechnet wird. Angesichts der schwierigen internationalen Ermittlungen im Umfeld der europäischen Hells-Angels-Strukturen ist gut möglich, dass der Prozess erst im Jahr 2016 anläuft. Er gilt jetzt schon als eines der größten Gerichtsverfahren, die jemals in Europa gegen diese Bande stattgefunden haben. Der Prozess soll nicht auf Mallorca, sondern vor dem Nationalen Gerichtshof in Madrid anlaufen, der für Schwerverbrechen, Organisierte Kriminalität und internationales Verbrechen zuständig ist.

Zeugen stehen unter Polizeischutz

Richter Velasco begründete die Verlängerung der U-Haft vor allem mit „Fluchtgefahr“ und mit der Schwere der Vorwürfe gegen Hanebuth. Auch müsse bei Freilassung des Verdächtigen damit gerechnet werden, dass dieser versuche, Beweismittel zu vernichten. Und noch schlimmer, dass er Zeugen und Beschuldigte, die gegen ihn aussagen könnten, unter Druck setze. Velasco hatte monatelang verdeckt im Hells-Angels-Milieu auf Mallorca und andernorts ermitteln lassen. Zu seinem reichhaltigen Material gehören aufgezeichnete Telefongespräche, abgefangene E-Mails und belastende Aussagen von Personen, deren Identität nun geschützt wird und welche unter Polizeischutz stehen. Hanebuth und seinen Mitbeschuldigten, von denen die meisten aus Deutschland oder Spanien stammen, werden neben Menschenhandel und Zuhälterei auch Geldwäsche, Betrug, Erpressung, illegaler Waffenbesitz, Nötigung und Gewaltdelikte angelastet. Zu den Verdächtigen gehören drei mallorquinische Polizisten, die von den Hells Angels bestochen worden sein sollen und Hanebuth, so die Ermittler, „im Zuge seiner kriminellen Aktivitäten schützten“.

Nach Ansicht der spanischen Polizei hatten sich die Hells Angels auf Mallorca wie eine Mafia organisiert: hierarchisch und mit strenger Arbeitsteilung. Einige Rocker seien für die Schmutzarbeit wie die gewaltsame Eintreibung von Geldern und Erpressung von Inselbewohnern zuständig gewesen. Andere hätten sich als Geschäftsleute getarnt, die schmutziges Geld wuschen und investierten.

Flucht aus Deutschland

„Eine der wichtigsten Aktivitäten und Finanzierungsquelle war die Prostitution“, heißt es im Ermittlungsbericht. Dafür seien junge Frauen mit falschen Versprechungen nach Mallorca gelockt und dann zur Prostitution gezwungen worden. Die Bande habe auf der Insel „in verschiedene Klubs und Bars“ investiert und sogar Hotels kaufen wollen. Neben Hanebuth muss auch sein mutmaßlicher Hells-Angels-Stellvertreter, der Deutsch-Marokkaner Khalil Y., in Untersuchungshaft bleiben. Die meisten anderen Verdächtigen waren in den vergangenen Monaten unter Auflagen freigelassen worden. Mehrere mutmaßliche Hells-Angels-Mitglieder werden noch mit internationalem Haftbefehl gesucht. Die deutsche Justiz, die bei den Ermittlungen eng mit den spanischen Behörden zusammenarbeitet, hatte in früheren Jahren vergeblich versucht, Hanebuth hinter Gitter zu bringen. Der Rockerboss und Bordellbetreiber aus Hannover wurde schon immer als eine der Schlüsselfiguren der deutschen Hells-Angels-Szene eingeschätzt. Nach Ansicht der spanischen Ermittler hatte Hanebuths Umzug nach Mallorca 2013 vor allem strategische Gründe: Er habe seine Aktivitäten auf die spanische Insel verlegt, „um die Untersuchungen der deutschen Polizei- und Justizbehörden zu erschweren“. Im Mai 2012 hatten deutsche Fahnder sein Anwesen bei Hannover gestürmt, die Vorwürfe gegen ihn ließen sich damals aber nicht erhärten.

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