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Die  MITFAHRER: Traumhaft schwere Nacht

Von: Berlin nach Florenz Dauer: 16 Stunden Auto: Citroën Visa, lindgrün Insassen: 3.

Zwei Frauen und ein Mann in einem Auto. Und 16 Stunden später zu dritt in einem Bett. Wie konnte es dazu kommen?

Die Geschichte begann mit einer Kleinanzeige für eine Mitfahrgelegenheit in der „taz“. Nach Florenz sollte es gehen. Eine blonde Schwedin hatte sich auf das Inserat gemeldet und später noch eine dunkelhaarige Schwäbin. So schaukeln wir im Citroën Visa heiter über die kochende Sommerpiste gen Süden. Wir passen ganz gut zusammen: Alle drei Ende 20, Kreuzberger Pflanzen, bereit für Italien, für Florenz.

Wir sagen ständig „Fi-reen-ze“, dehnen die zweite Silbe connaisseurhaft und rollen das „R“. Die beiden Frauen sind selbstbewusst, attraktiv, klug. Es hätte wirklich schlimmer kommen können. So klettern wir über den Brenner: Cappuccino, Mortadellabrötchen. Nur die Staus in Norditalien hätten uns warnen müssen. Die Italiener machen dann nämlich aus zwei Fahrspuren plötzlich drei und nutzen jeden Zentimeter Asphalt. Zu dritt auf zwei Spuren – ganz schön eng!

Abends dann endlich in der Stadt der Renaissance. Bestürzend schön, aber wir müssen dringend eine Unterkunft finden. Stundenlang laufen wir gemeinsam von Hotel zu Hotel. Die energische Schwäbin bettelt in bestem Italienisch um Zimmer.

Die Hitze wabert erbarmungslos durch die Straßen, die Portiers winken lässig ab, completo, wir werden gereizt und ratlos. Endlich die Erlösung: In einer kleinen Nebenstraße ist in einem noch kleineren Hotel etwas frei: ein Mini-Zimmer mit einem eineinhalb Meter breiten Bett.

Der Portier schaut dezent in seine Zeitung, als wir drei auf unser Zimmer gehen. Natürlich sind wir schwer locker und finden das alles normal. Die Schwäbin springt unter die Dusche. Nur mit der Armbanduhr bekleidet, tänzelt sie souverän durchs Zimmer. Die blonde Schwedin trägt immerhin ein T-Shirt und muss nach dem Duschen unbedingt noch ein paar Seiten lesen. Erschöpft nicken die Frauen trotz der Enge schnell ein, nur der Fahrer liegt – stundenlang – muskulär erstarrt da. Was, wenn er im Schlaf eine der Frauen berührt? Wenn seine Hand sich verirrt? Die beiden würden ihn als geilen Begrabscher fertig machen!

Am nächsten Morgen verabschieden sich die drei voneinander. Der Mann trollt sich müde, er sollte diese Nacht nie vergessen.

Viele Jahre später wird in seinem Büro eine neue Kollegin angekündigt. Herein kommt die nackte Schwäbin. Irgendwann sagt er zu ihr: „Wir waren schon mal zusammen im Bett.“ Sie überlegt. „Ja?“ Sie konnte sich an nichts erinnern. Manfred Kriener

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