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Bitte nicht beleidigen. Wer einen Polizisten mit "Du Mädchen" beleidigt, muss 200 Euro Strafe zahlen.

© dpa

Trendige Beleidigung: Polizist als "Du Mädchen" beleidigt - 200 Euro Strafe

Eine Frau hat einen Polizisten als "Du Mädchen" beleidigt. Das ist eine trendige Beleidigung, Richter sind da auf dem neuesten Stand. Bernd Matthies hat aber noch einige andere Vorschläge. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Das sachgemäße Beleidigen uniformierter Einsatzkräfte will gelernt sein. Nicht, weil Beamtenbeleidigung ein besonderer Tatbestand wäre, sondern weil Beamte, speziell Polizisten, in höchstem Maße geneigt sind, diesen Vorgang gerichtlich überprüfen zu lassen. Aufgrund aktueller Urteile wissen wir: „Pumuckl“, „Schwuchtel“, „Schwanzlutscher“ und „Clown“ wird bestraft, während man mit „Homosexuell“, „Oberförster“, „Bulle“ und „Wegelagerer“ so eben durchkommt. Aber auch das Vorleben des Beleidigers wird berücksichtigt: Dieter Bohlen durfte einen Polizisten duzen, weil dem Gericht bekannt war, dass er immer und jeden duzt.

Das Problem ist die Fortentwicklung der Sprache. Manch gestern noch harmloses Wort wird unversehens zur tödlichen Waffe – und umgekehrt. Was sollen die armen Richter da machen? Dieser Tage wurde in Düsseldorf eine 56-jährige Hausfrau verurteilt, nachdem ihr Mann mit dem Auto etwas schroff an eine Verkehrskontrolle herangerutscht war. Als ein Beamter protestierte, rief sie ihm „Du Mädchen!“ zu – erst einmal sachlich unzutreffend.

"Weichei" ist von vorgestern

Aber „Du Mädchen“, das erkannten die Richter richtig, gehört klar zu einer höchst trendigen Kategorie von Beleidigungen. Der Kickboxtrainer zum Beispiel ruft so etwas seinen Jungs zu, wenn die sich die Fresse nur so halb polieren oder beim ersten Hieb zu weinen anfangen. Bezogen auf einen Polizisten im Dienst heißt das: Man bezichtigt ihn, nicht über die im Großstadtdschungel nötige Härte zu verfügen, ein – wie wir damals sagten – Weichei zu sein.

Doch dieses Urteil wirft Fragen auf. Es könnte sich lohnen, bei der nächsten Kontrolle eine weibliche Amtsperson anzusteuern und sie auch „Du Mädchen!“ zu schimpfen. Wird sie sich ebenfalls beleidigt fühlen, und sind auch in diesem Fall 200 Euro Strafe fällig? Wie wäre umgekehrt „Du Junge!“ zu bewerten? Als Lob, für das der Richter 200 Euro Bonus herausrückt? Und was passiert, wenn ein besonders modebewusster Autofahrer Polizisten mit „Du Transgender!“ schmäht?

Da wäre noch eine andere Sache. Gerichte und Polizisten sind ja bekanntlich überlastet bis zum Anschlag. Deshalb wäre es geradezu exzessiv vernünftig, wenn die Justiz ein solch albernes Verfahren, das den Geschädigten und drei Kollegen als Zeugen einen Vormittag lang vom Sicherheitsdienst abhält, einfach einstellt. Dass das hier nicht geschah, sei mit einer Beleidigung aller Beteiligten quittiert: Ihr Oberförster!

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