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Ungünstig. Am Freitag kommt Premierministerin Scheich Hasina nach Berlin.

© dpa

Undiplomatische Arbeitsbedingungen: Bangladeschs Botschafter in Berlin führt ein hartes Regime

Der Missionschef von Bangladesch in Berlin verlangt Gehorsam, mehr Arbeit für weniger Geld – dafür ist er in seiner Freizeit Dichter.

Mosud Mannan ist nicht nur Botschafter von Bangladesch in Deutschland. Er sieht sich auch als Dichter. Vier Gedichtbände hat das PEN-Mitglied herausgegeben. Als Hobby gibt der 50-Jährige soziale Arbeit an. Außerdem vermerkt er in seinem Lebenslauf, dass er 14-mal Blut gespendet hat. Allerdings endet seine soziale Ader, wenn es um die Belegschaft der Botschaft in der Dovestraße in Berlin geht.

Seit Ende März 2010 ist Mosud Mannan Botschafter in Deutschland. Mit einer Dienstanweisung vom 8. Juni 2010 ließ Mannan seinen Gesandten und ersten Sekretär Nazrul Islam mitteilen, dass nur noch die Hälfte der Krankenversicherungskosten für den Beschäftigten selbst „und keine anderen Familienmitglieder“ bezahlt würden. Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung müssten selbst getragen werden. Die Gehälter würden angepasst, also gekürzt. Das war ein klarer Bruch einer Anweisung des Außenministeriums in Dhaka von 2005, nach der lokalen Angestellten die Hälfte aller Sozialversicherungsbeiträge zu überweisen ist. Auf Tagesspiegel-Anfrage an den Botschafter behauptete Nazrul Islam dagegen in einer privat versendeten E-Mail: „Die Botschaft hat nicht aufgehört, 50 Prozent der Sozialversicherungskosten für die lokale Belegschaft zu zahlen.“ Das lässt sich mit den realen Gehaltsabrechnungen der Belegschaft nach Tagesspiegel-Informationen allerdings nicht in Deckung bringen.

Das ist nicht die einzige Schikane, mit der die Belegschaft zu kämpfen hat. Wird jemand krank, werden dem Betroffenen für die Fehltage Urlaubstage gestrichen, eine Praxis, die Nazrul Islam ebenfalls bestreitet. Acht Beschäftigte von etwa 20 haben in der kurzen Amtszeit des Botschafters gekündigt, nach Islams Einschätzung, weil sie neue Jobs mit besserer Bezahlung gefunden hätten.

Mitten in der Wirtschaftskrise. Besonders enttäuscht ist der frühere Fahrer des Botschafters, T. R., dem vor einem guten Jahr gekündigt wurde. Nach der Dienstanweisung über die Sozialversicherungsbeiträge und einer weiteren Dienstanweisung, mit der die Regelarbeitszeit der Fahrer von acht auf zehn Stunden erhöht wurde, ohne Lohnerhöhung, hatte R. den Gesandten um ein Gespräch gebeten. Dort sei er beschimpft worden. Dabei blieb es aber nicht. Nazrul Islam habe versucht, ihm einen Stuhl auf den Kopf zu schlagen, er habe mit den Armen abgewehrt, was der behandelnde Unfallarzt auch per Attest bestätigt. Dann habe Islam ihm eine Vase an den Kopf werfen wollen, aber nicht getroffen. Die Splitter der Vase landeten in einer Wand. R. trug eine Schädelprellung und Verletzungen an den Armen davon. Noch während seiner Krankschreibung erreichte ihn die Kündigung. R. zeigte die Körperverletzung zwar an, doch das Verfahren wurde wegen der diplomatischen Immunität des Gesandten eingestellt. Nazrul Islam hat jedoch eine ganz andere Erinnerung an diesen Tag. In seiner E-Mail schreibt er, R. habe sein Büro „gewaltsam“ betreten wollen. Er habe „ihn in Selbstverteidigung abgewehrt“. R. ist enttäuscht: „Ich dachte, das sei hier ein Rechtsstaat.“ Vor dem Arbeitsgericht klagt er nun auf noch ausstehende Lohnzahlungen und gegen seine Kündigung. Zum ersten Gerichtstermin erschien niemand von der Botschaft.

Wolfgang Lutterbach, beim DGB für internationale Gesellschaftspolitik zuständig, sagt: „Es ist nicht das erste Mal, dass wir solche Klagen hören.“ Das gilt auch für die Beratungsstelle Ban Ying, die R. unterstützt. Allerdings geht der rechtliche Schutz für Diplomaten ziemlich weit. Ob er auch überlange Arbeitszeiten und andere arbeitsrechtliche Verstöße umfasst, ist umstritten. Das Auswärtige Amt jedenfalls hat die Botschaft von Bangladesch auf die Regeln für Ortskräfte aufmerksam gemacht. Im Übrigen sagte ein Sprecher: „Das Auswärtige Amt geht den Vorwürfen umfassend nach. Es hat darüber auch schon Gespräche gegeben.“ Der Zeitpunkt dieser Ermittlungen ist Mosud Mannan ziemlich unangenehm. Am Freitag reist seine Premierministerin Scheich Hasina nach Berlin. Ende November macht Bundespräsident Christian Wulff als erstes deutsches Staatsoberhaupt nach 25 Jahren einen Gegenbesuch in Dhaka.

Übrigens fühlen sich nicht nur Bedienstete der Botschaft schlecht behandelt. Ein Wissenschaftler aus Bangladesch, der in München arbeitet, hat monatelang und letztlich erfolglos um einen Stempel im Pass seiner Frau gekämpft. Diese kommt nicht aus Bangladesch. Doch nach den Gesetzen des Landes müssten ausländische Ehepartner von Bürgern Bangladeschs keine Visagebühren entrichten. Der Wissenschaftler hat den Stempel nicht bekommen, obwohl er die für den „No-Visa -Required“-Stempel verlangten 50 Euro bezahlt hat. Bekommen hat er ein einfaches Visum, das eigentlich 43 Euro kostet. Er findet, das Verhalten der Verantwortlichen in der Botschaft sei „eine Schande“.

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