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Hurrikan Katrina

© ddp

USA: New Orleans wartet auf neuen Hurrikan

Vor drei Jahren verwüstete Wirbelsturm "Katrina" die Stadt - und noch immer sind nicht alle Deiche geflickt. Heute blicken die Einwohner mit Furcht auf Tropensturm "Gustav". Ein Positives hat "Katrina" jedoch: Kaum jemand nimmt einen Wirbelsturm noch auf die leichte Schulter.

Die Nationalgarde wartet auf den Einsatzbefehl. Hunderte Busse stehen zur Evakuierung bereit. Zum dritten Jahrestag von Hurrikan „Katrina“ blicken die Einwohner von New Orleans mit Furcht dem Tropensturm „Gustav“ entgegen.

Heute vor drei Jahren war „Katrina“ über New Orleans hinweggefegt. Als die Deiche brachen, rissen Wind und Wasser mehr als 1600 Menschen in den Tod. Die Schäden gingen in die Milliarden. Die Katastrophe ließ offenbar werden, dass die größte Wirtschafts- und Militärmacht der Welt zwar Kriege führen kann, aber zu Hause eine miserable Infrastruktur und einen unfähigen Katastrophenschutz hat. Auch wurde das Elend der armen Bevölkerungsschichten deutlich, die nicht in der Lage waren, rechtzeitig ins Landesinnere zu flüchten, weil sie sich kein Auto leisten können. So sah die Welt Bilder von alten, gebrechlichen und offensichtlich unter sehr armen Bedingungen lebende Menschen, die hilflos der Katastrophe ausgeliefert waren.

Diese Armutsbevölkerung wurde aus der Stadt großenteils vertrieben. Von einst 480 000 Menschen leben heute nur noch 350 000 in der Stadt. New Orleans verlor die Hälfte seiner schwarzen Bevölkerung. Denn mit ihren Häusern – 250 000 wurden durch „Katrina“ zerstört – wurde auch ihr Leben dort zunichte gemacht. Nicht versichert oder zu arm um die gestiegenen Mieten zu bezahlen, kehrten sie der Stadt den Rücken.

Doch die Rückkehrer fragen sich heute, ob das auch die richtige Entscheidung war. Denn Tropensturm „Gustav“, der bereits in Hurrikanstärke auf Haiti und der Dominikanischen Republik gewaltige Schäden anrichtete und mindestens 23 Todesopfer forderte, erreicht voraussichtlich Anfang der nächsten Woche die US-Küste. Wo, das ist noch unklar, doch die Einwohner zwischen Südtexas bis Florida blicken „Gustav“ mit großer Sorge entgegen.

Wird es New Orleans ein zweites Mal treffen? „Gustav“ wurde vorübergehend vom Hurrikan zu einem Tropensturm herabgestuft. Es ist zu erwarten, dass er über dem Golf erneut Hurrikanstärke erreicht.

Die Region könne keinen weiteren schweren Sturm ertragen, erklärte A. J. Holloway, der Bürgermeister von Biloxi im Bundesstaat Mississippi. „Katrina hat uns einfach vernichtet.“ Auch Biloxi wurde 2005 schwer verwüstet, die heimische Wirtschaft zerstört. Mehrere Hundert Menschen kamen entlang der Küste ums Leben.

In Louisiana, wo New Orleans liegt, rief Gouverneur Bobby Jindal bereits den Notstand aus und erklärte: „Wir hoffen das Beste, aber bereiten uns auf das Schlimmste vor.“ Hunderte von Bussen wurden für die Evakuierung abgestellt. 3000 Soldaten der Nationalgarde stehen zum sofortigen Einsatz bereit.

Anders als vor drei Jahren soll der Superdome, das Football-Stadium inmitten der Stadt, nicht als Notunterkunft dienen. Zu schrecklich sind die Erinnerungen, als mehr als zehntausend Menschen dort vor „Katrina“ Schutz suchten und Chaos, Gewalt sowie die Inkompetenz der zuständigen Behörden unerträglich und skandalös waren.

Vor allem die Deiche von New Orleans machen – wie schon damals – Sorge. Die Stadt liegt in manchen Vierteln bis zu zwei Meter unter dem Meeresspiegel und ist von drei Seiten von Wasser umgeben: dem Golf von Mexiko, dem Mississippi und dem Pontchartrain-See. Denn mehr als Wind und Regen sorgten 2005 gebrochenen Deiche und Dämme für das große Verderben. Die Deiche wurden geflickt. Doch wie gut, darüber scheiden sich die Geister. Wenn das Ingenieurskorps der Armee schließlich seine Wiederaufbauarbeiten in Höhe von 14,8 Milliarden Dollar in New Orleans beendet hat, sollen sie einem Jahrhundertsturm der Kategorie Drei standhalten.

Doch dieser Begriff ist relativ. Darunter verstehen Experten, dass jedes ersetzte Haus in New Orleans theoretisch eine 26-prozentige Chance hat, erneut über einen Zeitraum von 30 Jahren durch Überschwemmungen zerstört zu werden. Jedes in New Orleans geborene Kind hat eine 60-prozentige Chance, in seinem Leben einer schweren Überschwemmung angesichtig zu werden.

Beendet sind die Arbeiten noch lange nicht. Angepeilt war das Jahr 2010, doch nun heißt es Mitte 2011.

84 der 156 Bauprojekte liegen hinter dem Zeitplan – manche bis zu sechs und mehr Monate. Auch warten die Menschen weiterhin auf eine wichtige Studie, die herausfinden soll, was es braucht, um sogenannte 500-Jahr-Deiche zu errichten. Sie sollte vergangenen Dezember formuliert gewesen sein.

Ein Positives hatte „Katrina“ jedoch: Kaum jemand mehr in New Orleans nimmt einen Wirbelsturm auf die leichte Schulter. Wie die Geschäftsleute berichten, haben sich die Einwohner mit Trinkwasser, Lebensmitteln, tragbaren Stromgeneratoren und Benzin eingedeckt. 8000 Menschen haben sich für den öffentlichen Transport im Fall einer Zwangsevakuierung angemeldet.

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