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Panorama: Weihnachten der Weißen

Eine norditalienische Gemeinde will zum Fest Schwarze ausweisen

Sie sagen, es sei ein Scherz. Dass es ein guter ist, trauen sie sich selbst nicht mehr zu behaupten; allzu schlüpfrig ist das Terrain, allzu heftig die nationale Aufregung. „Dabei wollen wir doch nur“, sagen sie in Coccaglio, „dem Gesetz Geltung verschaffen.“

Coccaglio, diese 7000-Seelen-Stadt in der arbeitsamen, reichen, gut funktionierenden Provinz Brescia, hat eine Operation „Weiße Weihnachten“ gestartet. Das heißt: Städtische Polizisten gehen von Haus zu Haus und suchen nach illegalen Ausländern. Zum 25. Dezember sollen sie fertig sein. „Wir wollen saubermachen“, sagt Bürgermeister Franco Claretti. Dieser Satz, zusammen mit der Mitgliedschaft Clarettis in der ausländerfeindlichen Regierungspartei „Lega Nord“ haben das Land alarmiert: Da will eine norditalienische Stadt ihr Weihnachten offenbar nur im Kreis von Weißen feiern. Rassismus in Reinform also.

Der Verdacht wurde bestärkt durch den Satz des für „Sicherheit“ zuständigen Stadtrats, Claudio Abiendi: „Für mich ist Weihnachten nicht das Fest der Gastfreundschaft, sondern der christlichen Tradition, also unserer Identität.“ Und Umberto Bossi, Führer der Lega Nord, sagte gleichzeitig: „Einwanderer müssen heimgeschickt werden; wir haben ja nicht einmal für uns genügend Arbeit.“ Entlastet sieht sich Coccaglio durch den Ortspfarrer, der „keinerlei Rassismus bei der Stadtregierung festgestellt“ hat. Auch Bürgermeister Claretti weist den Verdacht zurück. Erstens habe man nur 400 der gut 1500 Ausländer von Coccaglio im Visier, zweitens „machen das doch alle Gemeinden so: Ausländer, deren Aufenthaltsgenehmigung seit sechs Monaten abgelaufen ist, werden einbestellt.“

Nur eben, dass Coccaglio dabei „neue Wege“ gehe: Man verschicke die Bescheide nicht mehr per Post, sondern per Polizei. Und weil die Aktion „wie alle Verwaltungsakte eine Frist“ habe und in diesem Falle eben am 25. Dezember ende, sei wohl irgendjemandem in Verwaltung oder Polizei der Schlager „White Christmas“ eingefallen: „In der Anordnung, die ich unterschrieben habe, steht nichts von Weihnachten oder Hautfarbe.“ So sagt es er Bürgermeister. Wer weiß, was noch nachkommt. Eine der vielen Lega-regierten Nachbargemeinden hat angekündigt, sie werde „noch mehr machen als Coccaglio“.

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