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Hokuspokus am Trafalgar Square. Alex Moustakakis mimt Harry Potter, während er mit anderen Fans in langen Schlangen für Karten ansteht.

© AFP

Premiere: Zauberhaftes Ende für Harry Potter

Am Donnerstag hat der letzte Harry-Potter-Film Weltpremiere in London – für Fans brechen bald harte Zeiten an.

Es ist der Anfang vom Ende einer der erfolgreichsten Filmreihen der Welt: In London werden Harry-Potter-Fans und Ehrengäste am heutigen Donnerstag die Weltpremiere des achten und letzten Films um den berühmten Zauberschüler sehen. Schaulustige hatten bereits am Mittwoch Zelte auf dem Trafalgar Square aufgeschlagen, wo kurz vor der Vorstellung in einem nahen Kino ein roter Teppich für die Hauptdarsteller von „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2“ ausgerollt werden soll. In Deutschland müssen gewöhnliche „Muggel“, wie Menschen in der Zauberwelt der Autorin Joanne K. Rowling heißen, warten. Nächsten Mittwoch – einen Tag vor dem offiziellen Filmstart – planen Kinos in ganz Deutschland zahlreiche Vorab-Aufführungen und Partys.

Mehr als 3,9 Milliarden Euro sollen die bisherigen Romanverfilmungen weltweit eingespielt haben, jede davon zählt zu den 30 erfolgreichsten Filmen aller Zeiten. Rekorde gab es auch im Buchhandel: Von den sieben Bänden wurden mehr als 400 Millionen Exemplare in rund 200 Ländern verkauft, darunter 31 Millionen in Deutschland. Die 45-jährige Joanne K. Rowling gilt als reichste Frau Großbritanniens, ihr Vermögen wird auf knapp 800 Millionen Euro geschätzt.

Auch die 21- bis 22-jährigen Filmschauspieler Daniel Radcliffe (Harry Potter), Emma Watson (Hermine Granger) und Rupert Grint (Ron Weasley) haben finanziell längst ausgesorgt. Aus dem Unterhaltungsgeschäft verabschieden sie sich trotzdem nicht: Radcliffe trat in Theaterstücken und Musicals auf und hat soeben einen Horrorthriller gedreht, der 2012 in die Kinos kommen soll. Watson steht seit Mai für eine Romanverfilmung („Vielleicht lieber morgen“) vor der Kamera, studiert an einer US-Eliteuniversität und ist eine gefragte Werbefigur für Mode und Parfums. Grint spielte außerhalb der Harry-Potter-Reihe schon in einem halben Dutzend Filme mit, die allerdings keine Kassenschlager wurden.

Der letzte, fürs Kino in zwei Teile getrennte Roman erschien bereits 2007 und handelt vom finalen Kampf von Harry Potter und seinen Mitstreitern gegen den finsteren Zauberer Voldemort und dessen Gefolgschaft. Rowling will keine Fortsetzung mehr schreiben, die Fans aber bei der Stange halten. Die neue Webseite www.pottermore.com soll ab Oktober interaktive Streifzüge durch die Fantasywelt, Unterricht am Zauber-Internat Hogwarts, Spiele und unveröffentlichte Buchkapitel bieten. Außerdem will Rowling die Romane dort erstmals als elektronische Bücher (E-Books) vermarkten. Bereits am 31. Juli – dem Geburtstag der Autorin und ihres Romanhelden Potter – soll das Internetportal für ausgewählte Fans freigeschaltet werden. Darüber hinaus hält der Vergnügungspark „Wizarding World of Harry Potter“ in Florida seit einem Jahr das Interesse wach.

Die ganz große Aufregung unter Fans hat sich etwas gelegt, seit das letzte Buch die spannende Frage beantwortete, ob Harry im Kampf mit Voldemort stirbt oder nicht. Aus den deutschen Bestsellerlisten sind die Übersetzungen der Romane verschwunden, der Hamburger Carlsen-Verlag profitiert jetzt aber erneut von den Verfilmungen: „Die Abverkäufe der Bücher sind zum Erscheinen der Filme immer deutlich nach oben gegangen – und zwar nicht nur beim jeweils zum Film gehörenden Band, sondern bei allen Bänden“, sagt Verlagssprecherin Ulrike Dick. Auch diesmal „macht sich der Filmstart in den Buchhandelsbestellungen bemerkbar“. Allerdings dürfte sich die Zweiteilung des Streifens „für die Filmindustrie erheblich lukrativer auswirken als für den Buchhandel“.

Eine Erlebniswelt, wie sie Joanne K. Rowling den Fans online öffnen will, gibt es in ähnlicher Form schon seit elf Jahren beim „inoffiziellen Harry-Potter-Fanclub“ aus Berlin. Die heute 25-jährige Saskia Preissner und ihre vier Jahre jüngere Schwester Sarah gründeten unter www.hp-fc.de eine virtuelle Zauberschule. Die Mitgliederzahl liegt bei etwa 100 000, den aktiven „harten Kern“ schätzt Saskia auf rund 120 Leute. Nach einem Aufnahmetest wird man vom „Sprechenden Hut“ einem der vier Häuser in Hogwarts zugeteilt. Es gibt Unterricht in Fächern wie Zauberkräuterkunde oder „Verteidigung gegen die dunklen Künste“, gewählte Vertrauensschüler und eine Redaktion, die den „Tagespropheten“ herausgibt. Wegen dieser Gemeinschaft floriere der Club bis heute, sagt Saskia. Inzwischen macht auch ihre zwölfjährige Schwester Sally mit. Bei einer Party des Fanclubs in Berlin (siehe Infokasten) wird sie eine tragende Rolle spielen und „Fan-Fiction“ vorlesen.

Schon 2007 stand für Saskia Preissner fest, dass mit Band sieben nicht Schluss sein sollte. Die Clubmitglieder beschlossen, selbst einen achten Roman zu schreiben. Fertig ist dieser noch nicht, auch weil Saskia Zahnmedizin studiert. In den vorigen Monaten musste sie sich auf ihre Abschlussprüfungen und eine Doktorarbeit konzentrieren. Immerhin 26 Kapitel liegen dennoch vor, sie können von Clubmitgliedern im Internet gelesen und kommentiert werden. Der eigentliche Autorenkreis ist recht klein und besteht vor allem aus der Familie Preissner.

Die Handlung schließt an den Epilog des siebten Buches an, der 19 Jahre nach dem Showdown spielte und von vielen Fans als kitschig kritisiert wurde: Harry und seine Freunde sind glückliche Familienoberhäupter mit Kindern, die vor dem Schulbeginn in Hogwarts stehen. Einer von Harrys Söhnen heißt Albus, für den Fanroman wurde er Namensgeber und Hauptfigur. Die alten Hauptpersonen kommen nur noch ganz am Rande vor; eine Wiederauferstehung von Voldemort wurde verworfen. Dafür erlebt man das Schuljahr der Kinder, in dem es zum sprunghaften Anstieg des Meeresspiegels und Überschwemmungen kommt. Ein Wasservolk wehrt sich so gegen Umweltverschmutzungen, die seinen Lebensraum bedrohen. Dies erinnert etwas an Frank Schätzings „Der Schwarm“, jedoch wird bei Saskia und ihren Mitautoren mit Zauberei gekämpft. Hinzu kommen neue Fabelwesen und Ideen. Der modernste fliegende Besen etwa nennt sich „iFly“.

Auch ohne neue Bücher und Filme „fallen wir in kein Loch“, versichert Saskia. Wehmut wird bei der nächtlichen Fanparty im Kino aber dabei sein. Clubmitglieder reisen noch einmal aus ganz Deutschland an. „Vielleicht ist es unser letztes großes Treffen“, sagt Saskia.

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