zum Hauptinhalt
Ankündigung eines Konzertes, das nicht stattfindet: Bon Jovis Auftritt in Shanghai musste abgesagt werden, wahrscheinlich aus politischen Gründen.

© Reuters

Zensur in China: Warum Bon Jovi zwei Konzerte nicht spielen darf

Die Rockgruppe Bon Jovi darf zwei geplante Konzerte in Peking und Schanghai nicht spielen. Wahrscheinlich wegen eines Dalai-Lama-Bildes auf der Bühne. Auch andere Musikgruppen hatten schon Ärger mit Chinas Zensurbehörden.

Jon Bon Jovi hat sich sehr gut vorbereitet auf seine zwei im September geplanten Konzerte in Peking und Schanghai. „Ni wen wo ai ni you duo shen“, singt der Leadsänger der nach ihm benannten Rockgruppe auf Mandarin in einem Videoclip: „Du fragst mich, wie tief meine Liebe für dich ist ...“ Es ist die Anfangszeile eines beliebten chinesischen Liebesliedes, doch bei den Behörden der kommunistischen Volkrepublik stieß die Ballade offenbar nicht auf Gegenliebe: Bon Jovis Konzerte sind vor wenigen Tagen ersatzlos abgesagt worden. Die Gründe dafür sind unklar, dürften aber mit einem Auftritt vor fünf Jahren in Taiwan zu tun haben.

Damals hatte Bon Jovi auf einer Videowand ein Bild des Dalai Lama gezeigt. Diese Nähe zum geistlichen Oberhaupt der Tibeter dürfte nun die Absage des Konzerts durch die Zensurbehörden bedingt haben. „Man kann darüber nur Vermutungen anstellen, aber das ist sehr wahrscheinlich“, sagt Simon Lang, Experte des Berliner China-Forschungsinstitutes Merics. Bilder des Dalai Lama sind in China verboten, der geistliche Führer der Tibeter wird von der chinesischen Regierung als „Wolf im Schafspelz“ bezeichnet und der Förderung des Separatismus beschuldigt. Viele Exil-Tibeter empfinden die chinesische Herrschaft in ihrer Heimat als Besatzung.

Auch die Gruppe Maroon 5 durfte in diesem Jahr nicht spielen

Bon Jovi ist nicht die erste westliche Musikgruppe, die Ärger mit den chinesischen Zensurbehörden bekommen hat. Auch die Popgruppe Maroon 5 durfte ihre geplanten Konzerte in diesem Jahr nicht abhalten, nachdem Bandmitglied Jesse Carmichael auf Twitter dem Dalai Lama zum Geburtstag gratuliert hatte. In diesen Tagen feiert die chinesische Regierung 50 Jahre der „Befreiung“ Tibets, womöglich reagiert die Zensurbehörde auch deshalb sehr sensibel. Die Sängerin Björk darf nicht mehr in China auftreten, weil sie 2008 bei einem Konzert in Schanghai am Ende ihres Liedes „Declare Independence“ „Tibet, Tibet“ rief.

Ausländische Musikgruppen müssen vor einem Konzert in China bei den Zensurbehörden eine Liste mit Liedern einreichen, die sie spielen wollen. Dabei ist den Rolling Stones das Lied „Honky Tonk Women“ verboten worden, da es wahrscheinlich von einer Prostituierten handelt. Obszöne oder gewaltverherrlichende Texte dürfen nicht gespielt werden, ansonsten sind die Kriterien der Zensurbehörden bewusst vage gehalten. „Es gibt keine klare Regelung, die Künstler müssen auch selber auf die Inhalte achten“, sagt China-Experte Simon Lang. Chinesische Musiker und Schriftsteller müssen daher auch Selbstzensur üben.

Oft kann man nur rätseln über die Gründe der Zensurbehörden, etwas zu verbieten. 2011 kam eine Liste des Kulturministeriums mit rund 100 verbotenen Liedern an die Öffentlichkeit. Darauf fanden sich sechs Lieder von Lady Gaga, Katy Perrys „Last Friday Night“ und sogar ein Lied der des politischen Aktivismus unverdächtigen Popgruppe Backstreet Boys. Ihr Lied „I want it that way“ – „Ich mag es auf diese Art“ – könnte womöglich zu sehr zu Individualismus und Querdenken auffordern. Simon Lang berichtet von einem Sänger, der in chinesischen Bars aufgetreten ist, aber nie Frank Sinatras „My Way“ zum Besten geben durfte. „So etwas kann man in China nicht singen, haben ihm die Barbesitzer gesagt“, berichtet der China-Experte.

Bon Jovi spielt nun ein zweites Konzert in Taiwan

Mitunter wird den chinesischen Behörden auch zu viel zugetraut. Als der Liedermacher Bob Dylan 2011 in Peking einige seiner Protestlieder aus den Sechzigerjahren nicht sang, vermuteten einige Medien sogleich Zensur dahinter. Bob Dylan musste klarstellen, dass er in dem Konzert alles spielen konnte, was er wollte.

Die Schwierigkeiten mit der Kulturbehörde sind Ursache dafür, dass so manche westliche Musikgruppe einen großen Bogen um Festlandchina macht. Bon Jovi gehört nun auch dazu. Die Rockgruppe hat allerdings ein zweites Konzert im demokratischen Taiwan ins Programm genommen. Dort gibt es keine Zensurbehörde – und man spricht Mandarin. Jon Bon Jovi hat „Ni wen wo ai ni you duo shen“ nicht vergeblich gelernt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false