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Wirtschaft: 15 Mal kopiert

Ein Einkaufskorb hat es den Fälschern besonders angetan / Die dreistesten bekommen einen Preis / Milliardenschäden durch Plagiate

Frankfurt am Main - Die Bundesregierung will die Anstrengungen im Kampf gegen Plagiate und dreiste Nachahmerprodukte verstärken. Durch entsprechende Gesetzesänderungen sollen die Hintermänner von Fälschern und Raubkopierern leichter greifbar werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf habe das Kabinett jetzt beschlossen, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries am Freitag bei der Verleihung des „Plagiarius“ in Frankfurt. Der Plagiarius ist ein Negativpreis für die dreistesten Nachahmerprodukte. Er wird seit 30 Jahren verliehen. Die Figur, ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase, soll versinnbildlichen, dass man mit dunklen Geschäften gutes Geld verdienen kann.

Das Unterfangen der Regierung ist schwierig: Noch während die Ministerin sprach, sammelte ein Einsatzkommando des Zolls ein paar Meter weiter in den Hallen der Konsumgütermesse „Ambiente“ schon wieder reihenweise Plagiate ein. Dort sind die Anwälte bekannter Markenhersteller wie Alessi, Villeroy & Boch, Koziol oder Bodum unterwegs, um Verstöße gegen die Marken- oder Geschmacksmusterrechte ihrer Kunden aufzudecken.

Nach Angaben von betroffenen Mittelständlern nutzt das vorhandene Strafrecht, das in Deutschland für Fälscher Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vorsieht, wenig. Die Staatsanwaltschaften gingen den Verstößen kaum nach, wirkliche Strafverfahren gebe es kaum. Auch Zivilverfahren seien langwierig, mit oft kaum zählbaren Ergebnissen für die geschädigten Firmen. Die Nachahmer-Firmen können zudem immer nur wegen jeweils eines Plagiats angegangen werden. Doch einige tun es immer wieder: So wurde in diesem Jahr mit der Firma Glaser aus Hessen ein Unternehmen „ausgezeichnet“, das die zweifelhafte Trophäe zuvor schon vier Mal erhalten hatte.

Dabei ist der wirtschaftliche Schaden enorm. Allein in der Bundesrepublik beläuft er sich nach Angaben von Zypries auf 29 Milliarden Euro pro Jahr, weltweit sollen es 200 bis 300 Milliarden Euro sein. Vor wenigen Wochen beschlagnahmte der Zoll im Hamburger Hafen 177 Container mit gefälschten Uhren, Schuhen und Spielzeug – Handelswert etwa 300 Millionen Euro. An den Außengrenzen der EU wurden 2005 mehr als 75 Millionen gefälschte Artikel beschlagnahmt. Die Ministerin wies auch auf die gesundheitlichen Gefahren durch die qualitativ meist mangelhaften Plagiate hin, etwa bei technischen Geräten oder Spielzeug. Verbraucher und Handel sollten von solchen Produkten Abstand nehmen. Mit Werbesprüchen wie „Geiz ist geil“ verstärke der Handel allerdings den Wunsch nach Billigprodukten und damit nach Plagiaten, die zum Teil nur ein Zehntel der Originale kosteten. „Wir brauchen Kampagnen, die sagen, dass gute Produkte auch ihren Preis haben“, appellierte Zypries.

Der Plagiarius ging auch in diesem Jahr an mehrere chinesische Firmen, die unter anderem eine Isolierkanne und sogar Zapfventile für Tankstellen kopierten. Unter den „Bösewichten“ sind auch etliche deutsche Firmen, darunter der Discounter Lidl. Er „glänzte“ durch das Plagiat eines Schmuckkoffers, der für ein Siebtel des Preises des Originals verkauft wurde.

Kopiert wurden auch medizinisch- technische Instrumente einer renommierten schwäbischen Firma und das gleich von mehreren Unternehmen, unter anderem von Asap Endoscopic in Freiburg. Ein Einkaufskorb wurde sogar von 15 verschiedenen Plagiatoren abgekupfert. „Noch nie hatten wir so viele Plagiate von einem Produkt“, sagte der Designer Rido Busse aus Ulm, der Initiator des Plagiarius. Für ihn ist Produkt- und Markenpiraterie „eine der schwersten Formen der Wirtschaftskriminalität im 21. Jahrhundert“.

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