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Sanierungspaket: 20.000 Arbeitsplätze bei VW in Gefahr

Europas größter Autobauer Volkswagen will mit einem umfassenden Sanierungspaket seine Ertragskraft deutlich verbessern. Davon könnten in den nächsten drei Jahren bis zu 20.000 Beschäftigte der Kernmarke VW betroffen sein.

Wolfsburg - Volkswagen will die schweren Ertragsprobleme seiner Kernmarke VW durch einen noch schärferen Sparkurs in den Griff bekommen. Davon könnten in den nächsten drei Jahren bis zu 20.000 Beschäftigte der Marke Volkswagen Pkw betroffen sein, kündigte das Unternehmen am Freitag in Wolfsburg an. Um die langfristige Zukunftsfähigkeit des Konzerns zu sichern, müssten die bestehenden Probleme bei der Marke beseitigt werden, sagte VW-Vorstandschef Bernd Pischetsrieder.

Während der Konzern 2005 insgesamt einen Ergebnissprung erzielte, lag das Ergebnis der Marke Volkswagen Pkw nur knapp über der «Null-Linie». Dies sei «völlig unbefriedigend», sagte Pischetsrieder. An der Börse schnellte die Aktie des Autobauers am Freitag zwischenzeitlich um fast 10 Prozent auf 55,42 Euro nach oben, der höchste Stand seit Juni 2002.

Der bereits eingeleitete Milliarden-Sparkurs bei VW zeigte 2005 konzernweit Wirkung. Das Ergebnis vor Steuern stieg im Vergleich zum Vorjahr um 58 Prozent auf 1,72 Milliarden Euro. Das Sparprogramm «For Motion» trug mit 3,5 Milliarden Euro zur Ergebnisverbesserung bei. Ertragssäulen waren Audi und die Finanzdienstleistungen. Der Umsatz erhöhte sich 2005 um 7 Prozent auf 95,3 Milliarden Euro.

Vor allem die Exportfähigkeit der deutschen VW-Werke sei nicht gewährleistet, begründete Pischetsrieder die angekündigten Einschnitte. «Im USA-Geschäft werden im Export in Deutschland nach wie vor zu hohe Verluste erwirtschaftet.» In der Vergangenheit sei in vielen Bereichen «schlicht und einfach» zu viel Geld investiert worden.

Schwerpunkte des Restrukturierungsprogramms sind laut VW wettbewerbsfähigere Arbeitskosten, eine volle Auslastung der Werke auch durch eine Kapazitätsanpassung sowie eine Neuordnung der Komponentenfertigung. VW hat Komponentenwerke etwa in Kassel, Salzgitter und Braunschweig. Dort werden zum Beispiel Getriebe, Motoren und Achsen gefertigt. Pischetsrieder sagte, es gehe darum, die Wettbewerbsfähigkeit der Komponentenwerke zu verbessern. Ein Verkauf oder eine Schließung stünden nicht an.

Zudem sollten Produktivitätsdefizite insbesondere in den Fahrzeugmontagewerken aufgeholt werden, hieß es. Von dem Restrukturierungsprogramm «könnten in den nächsten drei Jahren bis zu 20.000 Mitarbeiter im direkten und indirekten Bereich der Marke Volkswagen Pkw» betroffen sein, also in Verwaltung und Produktion. Die Marke Volkswagen Pkw fertigt unter anderem Golf, Passat und Polo.

Der VW-Vorstand stehe zum Haustarifvertrag vom November 2004 für die rund 100.000 Beschäftigten der sechs westdeutschen VW-Werke, hieß es. Dieser schließt betriebsbedingte Kündigungen bis 2011 aus. Unter den «derzeitigen Rahmenbedingungen» sei die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und der Arbeitsplätze aber «nicht zu erreichen». Aus diesem Grund würden «zügige Verhandlungen» mit Betriebsrat und IG Metall angestrebt.

IG Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine betonte, Grundlage der Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen bei VW seien die bestehenden Tarifverträge. Generell gebe es noch viele offene Fragen. VW-Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh sagte, die Belegschaft sei Willens, sich für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit von VW einzusetzen. Der Vorstand müsse dabei die Standort- und Beschäftigungssicherung aber genauso ernst nehmen wie die Rendite.

Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Bernd Gottschalk, sprach von einem «schmerzlichen, aber im Interesse der langfristigen Sicherung traditioneller Standorte und Werke in Deutschland notwendigen Schritt».

Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Christian Wulff (CDU) sagte, nur «fitte Unternehmen» könnten dauerhaft Arbeitsplätze sichern und neue schaffen. Volkswagen müsse in fünf Jahren «neu aufgestellt sein». Das Land Niedersachsen ist nach Porsche zweitgrößter VW-Aktionär. Wulffs Vorgänger, der jetzige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), verlangte von VW die Vermeidung eines weitgehenden Personalabbaus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sollten sich in die Beratungen aktiv einschalten.

Volkswagen hatte bereits im vergangenen Jahr von einem «Personalüberhang» von mehreren tausend Stellen in den deutschen Werken gesprochen. Der Stellenabbau solle über Altersteilzeit und Abfindungen bewerkstelligt werden. Dazu hat VW inzwischen sein Altersteilzeit-Modell ausgeweitet. (tso/dpa)

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