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Klimaforscher: "2010 ist das wärmste Jahr seit 1880"

Klimaforscher Peter Höppe spricht im Interview über Naturkatastrophen und die Schäden, die sie anrichten.

Herr Höppe, wie ist die Wetterbilanz 2010?

Bis jetzt ist das Jahr 2010 global gesehen das wärmste seit 1880. In Asien wurde mit 53,3 Grad Celsius die höchste je gemessene Temperatur registriert, das war im Mai in Pakistan. Es wurde auch in Los Angeles ein absoluter Rekord gemessen mit 45 Grad und in Moskau waren es 37,8 Grad. Die real gemessenen Temperaturen sind das beste, weil unmittelbare Maß, wenn man die Frage stellt, ob ein Klimawandel stattfindet.

Waldbrände in Russland, Überschwemmungen in Pakistan, Erdrutsche in China und Lateinamerika. Das Jahr war reich an Naturkatastrophen, oder?

Gemessen an der Gesamtzahl der schadenträchtigen Naturkatastrophen liegt das Jahr 2010 derzeit mit mehr als 900 Ereignissen auf Platz zwei, seit wir 1980 begonnen haben, die Daten global zu erheben. Auch vom Ausmaß der Schäden her ist es ein überdurchschnittliches Jahr, aber nicht zu vergleichen mit den Jahren 2005 und 2008, als die Schäden insbesondere durch Hurrikane noch höher waren. Dabei war 2010 nach 2005 das Jahr mit den meisten Hurrikanen, die nur deshalb kaum wahrgenommen wurden, weil sie glücklicherweise vor allem über dem Ozean getobt haben und kaum einer die Küste erreicht hat. Die größten Schäden gab es in diesem Jahr nicht nach Wetterkatastrophen, sondern es war das Erdbeben in Chile. Mit 30 Milliarden US-Dollar ist es das teuerste Naturereignis des Jahres. Aber dann kommen schon die Überschwemmungen in Pakistan mit einem volkswirtschaftlichen Schaden von knapp zehn Milliarden Dollar.

2010 war ein sehr nasses Jahr.

Gefühlt gab es eine hohe Zahl von Überschwemmungen, gerade in Deutschland. In Ostdeutschland und Polen kam es innerhalb kurzer Zeit zu drei Überschwemmungsereignissen, die alle wiederum durch eine spezielle Wetterlage ausgelöst wurden, die immer häufiger wird: Ein Tiefdruckgebiet kommt mit sehr feuchter Luft aus dem Mittelmeerraum, wird östlich der Alpen vorbeigeführt und regnet dabei nicht ab. Durch eine nördliche Strömung staut sich das Ganze am Erzgebirge oder an der Nordseite der Alpen. Dann kann es Überschwemmungen in Sachsen oder in Bayern geben. Diesmal war Sachsen betroffen. Es gibt Hinweise, dass sich diese Wetterlagen häufen, das könnte mit dem Klimawandel zu tun haben.

Pakistan war eine große Katastrophe aber kaum versichert. Wie war das in China?

Die Überschwemmungen in China haben gesamtwirtschaftliche Schäden von 6,1 Milliarden Dollar angerichtet, das viertteuerste Schadensereignis in diesem Jahr. Aber bei den versicherten Schäden kommt China noch nicht unter die Top fünf, weil die Versicherungsdichte dort immer noch niedriger ist als in anderen industrialisierten Ländern.

Sie setzen sich für Mikroversicherungen ein, um Risiken wie Dürren besser zu bewältigen. Wie weit sind Sie damit?

Vor Kurzem ist eine Lizenz für eine solche Versicherungslösung auf den Philippinen erteilt worden. Da werden Kooperativen abgesichert, die Kredite an Bauern geben gegen den Einfluss von Wetterextremen, die dazu führen, dass die Bauern ihre Kredite nicht zurückbezahlen können. Das haben wir mit einem lokalen Versicherer gegründet. In Jakarta haben wir eine kleine Versicherung entwickelt, die Schäden nach Überschwemmungen im Stadtgebiet abdecken soll. Ausgezahlt wird, wenn der Pegelstand eines Flusses im Stadtgebiet ein bestimmtes Maß erreicht hat. Man muss die Verwaltungskosten möglichst niedrig halten, weil die Prämien ja auch sehr gering sind.

Das Gespräch führte Dagmar Dehmer

Peter Höppe (56) leitet die Abteilung Geo-Risiko-Forschung der Munich Re (Münchener Rück). Beim Klimagipfel in Canun setzt er sich für die Einführung von Mikroversicherungen ein.

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