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Wirtschaft: 40-Stunden-Woche am Bau steht wieder auf der Kippe

Mehrere Landesverbände der Arbeitgeber lehnen Kompromiss vom Juni ab / IG Bau sieht gesamten Tarifvertrag in Gefahr

Frankfurt am Main - Eigentlich sind alle zufrieden: Die Industriegewerkschaft Bau auf der einen Seite, die Bauarbeitgeber auf der anderen Seite. Im Juni hatten sich beide Seiten nach kräftezehrenden 16 Monaten endlich auf einen Tarifabschluss geeinigt. Erstmals wird darin zur Freude der Arbeitgeber die Wochenarbeitszeit von 39 auf 40 Stunden erhöht. Doch nun hängt der Tarifvertrag wieder in der Schwebe, Gewerkschaftschef Klaus Wiesehügel sieht den mühsam errungenen Kompromiss akut in Gefahr. Der Grund: Mehrere Arbeitgeber der Landesverbände wollen dem Vertrag ihre Zustimmung verweigern.

Neben der Verlängerung der Arbeitszeit sieht die am 21. Juni gefundene Tarifeinigung vor, dass die Mindestlöhne ab September dieses Jahres gesenkt werden. Im Gegenzug gibt es für die rund 800000 Beschäftigten am Bau ab April 2006 um ein Prozent höhere Löhne und Gehälter, im Westen zudem von September bis April 2006 jeden Monat einen Festbetrag von 30 Euro. Die beiden an den Verhandlungen beteiligten Arbeitgeberverbände – der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Baugewerbes (ZDB) – zeigten sich mit dem Verhandlungsergebnis damals durchaus zufrieden, beide Verbände haben im Blick auf die Erklärungsfrist am 29. Juli Zustimmung signalisiert.

Doch das Votum der Arbeitergeber ist längst nicht sicher. Denn der ZDB hat von Anfang an unter Vorbehalt verhandelt – fünf Landesverbände hatten ihm schon Anfang 2004 das Mandat für Lohnverhandlungen entzogen. Bremen, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen, dazu noch das Zimmererhandwerk in Westfalen stellen sich quer.

Bis zur letzten Minute wollen die Regionalverbände die Verbandsoberen in Berlin hängen lassen. „Das wird erst in der nächsten Woche entschieden, zum Teil erst am 28. Juli“, sagt Harald Schröer, Leiter Tarifpolitik beim ZDB. „Es gibt noch keine Tendenz, wir müssen abwarten.“

So gelassen gibt man sich bei der IG Bau nicht. Gewerkschaftschef Wiesehügel hält den gesamten Abschluss für null und nichtig, wenn sich die Abtrünnigen beim ZDB weiter quer stellen. „Da geht es dann nicht mehr um Ablehnung oder Annahme oder auch um Schlichtung. Das Vertragswerk gibt es dann nicht mehr“, sagte er am Montag in Frankfurt. Rosinenpickerei nach dem Motto „40-Stunden-Woche ja – Gehaltserhöhung nein“ könne es jedenfalls nicht geben.

So sehen es auch die Bauarbeitgeber. Schwarz auf Weiß haben dies beide Seiten in einer Vereinbarung am 4. Juli festgezurrt. Dort heißt es: „Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht Einvernehmen darüber, dass der Tarifvorschlag als nicht zustande gekommen gilt“, wenn ihn die fünf Landesverbände nicht auch für ihr Gebiet übernehmen. Wiesehügel befürchtet nun, dass der Vorschlag an der Eitelkeit einiger Hauptgeschäftsführer in den betroffenen Landesverbänden scheitern könnte. „Die Betriebe stimmen dem Vorschlag zu“, sagte er.

Sollte es tatsächlich zur Ablehnung kommen, gelten die bisherigen Tarifverträge weiter. Das gilt vor allem für den Lohntarif und den Rahmentarifvertrag, der die alte 39-Stunden-Woche festschreibt. Er läuft noch bis Ende kommenden Jahres. Eine Notwendigkeit, sofort wieder Verhandlungen aufzunehmen, gibt es nicht. „Wir haben gültige Tarifverträge“, sagt Wiesehügel. Einen „Plan B“ jedenfalls habe die Gewerkschaft nicht in der Tasche. Sollten die vier Verbände tatsächlich ihre Zustimmung verweigern, hätte die IG Bau auch langfristig ein Problem: Der ZDB könnte keine bundesweiten Tarifverträge mehr verhandeln. Wie sich die Gewerkschaft dann verhalten soll, wisse er nicht, sagte Wiesehügel.

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