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Börsenzwerge: Die Firmen im S-Dax haben einen Marktwert zwischen 70 Millionen und 2,5 Milliarden Euro.

© avatra/espn

Aktienmarkt: M- und S-Dax: Klein und fein

Small-Caps im M- und S-Dax laufen besser als der große Dax. Allerdings bestehe bei kurzfristigen Anlagen ein hohes Risiko.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Während der Dax, der die 30 größten und umsatzstärksten deutschen Aktien widerspiegelt, seit dem Tief der Finanzkrise im März 2009 unter dem Strich 72 Prozent zulegen konnte, schaffen seine beiden kleinen Brüder deutlich mehr. Der M-Dax, Index für 50 mittelgroße Börsentitel (Mid Caps) wie Fielmann, Conti, Tui oder Postbank, verbuchte im gleichen Zeitraum ein Plus von 105 Prozent. Auch der Kleinste im Bunde, der S-Dax mit 50 kleineren Börsenwerten (Small Caps) von Air Berlin über Jungheinrich bis zu Sixt und Hornbach, legte mit 83 Prozent eine bessere Wertentwicklung aufs Parkett als der Dax. Der Tec-Dax, Repräsentant von 30 kleineren Hightech-Firmen, schaffte 94 Prozent.

Eine neue Studie von Allianz Global Investors kommt zu dem Schluss: Small is beautiful. Small Caps sind immer dann begünstigt, wenn sich die Konjunktur zum Besseren dreht, weiß Frank Hansen, Leiter des Nebenwerte-Teams bei Allianz Global Investors. Sechs bis zwölf Monate nach einer Rezession seien kleine Werte insgesamt um zehn Prozentpunkte schneller unterwegs. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Kleinere Werte seien häufiger Wachstumswerte und daher stärker von der konjunkturellen Entwicklung abhängig, sagt Hansen. Auch die Gewinne entwickelten sich oft viel dynamischer. Der Anleger erhalte zudem eine Risikoprämie dafür, dass kleinere Titel an den Börsen weniger liquide sind: Das Handelsvolumen ist geringer, die Preise sind größeren Schwankungen ausgesetzt, der Verkauf größerer Positionen ist oft schwierig.

Die Beimischung von Nebenwerten könne nicht nur die Rendite steigern, sondern auch das Gesamtrisiko senken, weil breiter in verschiedenen Segmenten gestreut werde, ist sich der Autor der Allianz-Studie, Stefan Scheurer, sicher. Zudem sei auch „das zukünftig erzielbare Gewinnwachstum bei kleinen Unternehmen höher als bei großkapitalisierten Unternehmen“. Oft profitierten kleine Firmen auch von Übernahmen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Herlitz: Seitdem der Schreibwarenhersteller von Konkurrent Pelikan übernommen wurde, legte er auf Jahressicht um 46 Prozent zu.

Dass kleine Werte auch langfristig wie ein Turbo für die Entwicklung eines Aktien-Portfolios wirken, belegen weltweite Daten: Während der große Weltindex MSCI World seit Juni 2000 im Minus notiert, schaffte der globale Small-Cap-Bruder im gleichen Zeitraum ein Plus von fast 60 Prozent. Eine Studie bestätigt den Nutzen der Börsen-Minis für den Anlageerfolg. Das Institut für Vermögensaufbau (IVA) hat kürzlich gemeinsam mit der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz die Wertentwicklung von 894 Publikumsfonds in den letzten zehn und 20 Jahren unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Zwar schafften es 77,25 Prozent der Fondsmanager nicht, den Vergleichsindex zu schlagen. Unter den erfolgreicheren Fonds waren aber vor allem solche, die stark auf Small Caps gesetzt hatten. Die 30 besten Aktienfonds, die in Europa investieren, hielten zu 41 Prozent kleinere Titel, während Nebenwerte im breiten Vergleichsindex MSCI Europe nur 12,5 Prozent ausmachen. Für IVA-Chef Andreas Beck zeigt dies, „dass es sich auf Dauer lohnt, ein höheres Risiko einzugehen.“

Das gelte allerdings nur bei einem langfristigen Anlagehorizont. Wer nur kurzfristig auf die Kleinen setze oder einzelne Papiere selbst herauspicke, fahre ein hohes Risiko. Das zeige das Beispiel der Firma Cargolifter, die mit Riesenluftschiffen Anlagen für die Industrie transportieren wollte, in der Praxis jedoch scheiterte. Umgekehrt gibt es Beispiele wie Apple, das mit 1750 Dollar Startkapital von einem Nano-Cap zu einem 240 Milliarden Dollar schweren Mega-Unternehmen wurde.

Der S-Dax beweist, wie nahe Chancen und Risiken bei den Börsen-Zwergen beieinanderliegen. Da sind Aktien wie der Personalvermittler Amadeus Fire, der Automobilzulieferer Bertrandt oder der Lifestyle-Konzern Gerry Weber, die das Geld der Anleger seit 2005 mehr als verdoppelt haben. Teleplan, der Weltmarktführer für Garantie- und Serviceleistungen bei Notebooks und Konsolen, verbucht seit Juni 2009 sogar ein Kursplus von gut 230 Prozent. Es gibt aber auch Papiere wie das Medienunternehmen Constantin, den Mobilfunkzulieferer Balda oder den Roboterbauer Kuka, bei denen langfristige Aktionäre Verluste von bis zu 95 Prozent verkraften müssen. Die beiden einzigen Berliner Unternehmen im S-Dax, M-Dax oder Tec-Dax, Air Berlin und Axel Springer, liegen mit jeweils gut zehnprozentigem Jahresplus nur im letzten Performance-Drittel aller S-Dax-Werte.

Auch sonst zählen die kleinen börsennotierten Berliner Firmen eher zu den Verlustbringern, angefangen von Beta Systems über die Pennystocks Senator, Teles und Pixelpark bis zur Deag Entertainment, die im Jahr 2000 noch bei gut 90 Euro notierte, heute jedoch unter zwei Euro steht. Die Solarfirma Solon wurde im September 2009 aus dem Tec-Dax geworfen und versucht gerade mit Hilfe von Staatsbürgschaften wieder auf die Beine zu kommen.

Weil der Anleger auch solche Papiere erwischen kann, rät Allianz-Experte Scheuer Privatanlegern zum Kauf von Fonds. Hier profitierte man zudem von einer „geringeren Informationseffizienz“. Dies bedeutet, dass sich wichtige Informationen langsamer auf den Kurs auswirken, weil die Papiere nicht so sehr im Fokus stehen: Während jeder Dax-Wert im Schnitt von 40 Analysten beobachtet wird, sind es beim S-Dax nur rund sieben. IVA-Chef Beck rät zu breit anlegenden Fonds, die schon länger auf dem Markt sind. Hier sei ein besonders hoher Anteil an Small- und Midcaps zu erwarten. Für wichtig hält der Finanzmathematiker auch die Wahl des richtigen Anbieters: Zu den besten Fondshäusern der Studie zählen die DWS, Carmignac und Threadneedle.

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