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Die gelbe Karte

© dpa

Pflegebranche: Alarm im Altenheim

Die Pflegekräfte in Deutschland schlagen Alarm. Die Branche fordert Unterstützung von Kanzlerin Merkel.

Berlin - Mit einer Protestaktion sollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zu Schritten gegen „den katastrophalen Zustand in der Pflege“ gedrängt werden, berichtete die Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe, Gudrun Gille, am Montag in Berlin. Massenweise sollen Pflegebedürftige, Pfleger und Angehörige symbolische gelbe Karten an Merkel schicken. „Wir erwarten von der Kanzlerin, dass sie eingreift“, sagte Verbandsgeschäftsführer Franz Wagner.

Angesichts der wachsenden Personallücken gebe es immer öfter Pflege nur auf dem Papier. „Schüler in der Altenpflegeausbildung lernen schon, mehr zu dokumentieren, als tatsächlich getan wird“, sagte Gille. Das ist die – paradoxe – Konsequenz des neuen „Pflege-Tüvs“, der eigentlich die Situation der Heimbewohner verbessern sollte. Da der Medizinische Dienst der Krankenversicherung die Angaben bei seinen Prüfungen lesen wolle, werde in der Praxis mehr dokumentiert, als tatsächlich erledigt worden ist.

„Wir sind wütend und zornig und auch manchmal verzweifelt“, sagte Gille. Zwar ist die Zahl der Alten- und Krankenpfleger nach Verbandsangaben in den vergangenen zwei Jahren leicht gestiegen. Allerdings seien es weniger als nötig. Vor allem sorgt sich der Verband, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2020 um mehr als 500 000 auf 2,9 Millionen steigen werde, es dann aber allein in den Krankenhäusern voraussichtlich 140 000 Pflegekräfte zu wenig gebe.

Rösler will am 7. Dezember Pflege-Vertreter zu Beratungen in sein Ministerium einladen. „Ziel muss es sein, die Pflege weiter zu verbessern und sie auch finanziell auf ein langfristig tragfähiges Fundament zu stellen“, hatte Rösler in einem Interview gesagt. Der Geschäftsführer des Berufsverbands, Wagner, will Rösler in die Pflicht nehmen: „Wir warten darauf, dass den Ankündigungen Taten folgen.“ Dauerstress, immer mehr Arbeit für immer weniger Pflegekräfte und Zehn-Stunden-Dienste ohne Pause gefährdeten zunehmend die Patienten, sagte Gille. Vor allem die Nachtdienstbesetzungen seien haarsträubend. Sowohl im Krankenhaus als auch im Pflegeheim sei es nur der Leistung der Pflegenden zu verdanken, dass nicht mehr passiere.

Viele Pflegekräfte würden wegen Überlastung, mangelnder Aufstiegschancen und Bezahlung vorzeitig aus dem Beruf aussteigen, sagte Wagner. Die Aussetzung von Wehrpflicht und Zivildienst verschärfe die Lage weiter. „Das Bundesgesundheitsministerium ignoriert die Probleme und ist beratungsresistent.“dpa

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