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Der tut nichts. Wer Hunde erfolgreich trainieren möchte, sollte einfühlsam sein, lange stehen können, tierlieb, aber auch einfühlsam gegenüber Menschen sein. Foto: ddp

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Wirtschaft: Alles für den Hund

Verhaltenstherapie, Training, Sportprogramm – Hundetrainer machen das Tier und seinen Halter fit. Die Dogcoaches sind gefragt, eine Fortbildung lohnt sich.

Bello hat ein Problem mit Radfahrern: Immer wenn sie an ihm vorbeipreschen, bricht der Rüde in lautes Gebell aus, zieht an der Leine und würde ihnen am liebsten hinterherjagen. Seine Besitzerin ist verzweifelt und hat sich deshalb an Enrico Lombardi gewandt. Der Hundetrainer betreibt das Dogcoach-Institut in Friedenau. Dort bietet er Verhaltenstherapie, Hundetraining und auch die Ausbildung zum Hundetrainer an. „Beim ersten Kennenlernen schaue ich mir das Umfeld des Hundes an. Oft gehe ich zu den Besitzern nach Hause oder wir begeben uns gemeinsam in die Situation, in der der Hund das auffällige Verhalten zeigt“, sagt Enrico Lombardi. Je nach Schwere des Falls sind ein bis zwei Stunden notwendig.

Mehr als 100 000 Hunde sind in Berlin steuerlich gemeldet. Wie viele Hundetrainer es gibt, ist dagegen unklar. „Zur Zeit gibt es noch keine staatlich anerkannte Ausbildung zum Hundetrainer“, sagt Ariane Ullrich, Sprecherin des Berufsverbands der Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen e.V. (BHV). Auch die Bezeichnung Hunde- oder Tierpsychologe ist nicht geschützt.

Der BHV hat aber 2007 zusammen mit der IHK Potsdam die einzige staatlich anerkannte Fortbildung zum Hundeerzieher und Verhaltensberater IHK/BHV entwickelt. Dieser Lehrgang besteht aus 312 Theorie- und 500 Praxisstunden. Die angehenden Hundeerzieher und Verhaltensberater bekommen Kenntnisse über Zucht, Genetik, menschlichen Umgang, Lernverhalten, Problemverhalten und die Arbeit eines Hundetrainers vermittelt. Die praktische Ausbildung erfolgt bei den gelisteten Praktikumsbetrieben des BHV. Für den Theorieteil an der IHK bezahlen die Teilnehmer 3490 Euro. Der Praxisteil kostet je nach Menge der Stunden bis zu 2500 Euro. Eine Förderung, zum Beispiel über die Bildungsprämie, ist möglich.

Die Ausbildung am Dogcoach-Institut wird darüber hinaus für Arbeitssuchende auch über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit unterstützt. Sie kostet 2795 Euro zuzüglich einer Prüfungsgebühr von 80 Euro und dauert 13 Monate. Die 192 Unterrichtsstunden finden am Wochenende statt. Das Wissen wird in Lerngruppen vertieft.

„Unter den Teilnehmern sind zum Beispiel Tierarzthelfer, die in ihrer Ausbildung zwar etwas über die Anatomie, nicht aber über das Verhalten der Hunde gelernt haben“, sagt Enrico Lombardi, der früher bei der Bundeswehr Spürhunde für Sprengstoff und Rauschgift ausbildete. Die meisten Teilnehmer wollen sich aber als Hundetrainer selbständig machen – oft mit Erfolg, weiß Enrico Lombardi. „Die Agentur für Arbeit überprüft regelmäßig unsere Erfolgsquote und kommt zu dem Ergebnis, dass 61 Prozent anschließend in dem Beruf arbeiten oder eine eng verwandte Aufgabe ausüben, zum Beispiel als Hundesitter tätig sind.“

Der Andrang auf Hundeschulen in den letzten Jahren erklärt sich durch die neue Gesetzeslage nach einer tödlichen Beißattacke auf ein Kind in Hamburg im Jahr 2000. Danach wurden in vielen Bundesländern Prüfungen für als gefährlich eingestufte Hunderassen eingeführt. In Berlin wird momentan ein allgemeiner „Hundeführerschein“ diskutiert, mit dem die Halter nachweisen sollen, dass sie ihr Tier in Alltagssituationen unter Kontrolle haben. Immer mehr Halter holen sich deshalb Erziehungstipps von Profis.

Um sich einen Namen zu machen, beginnen die meisten angehenden Hundetrainer im privaten Umfeld, weiß Berit Kaspar von der Hundeschule Andoggen im brandenburgischen Schönfließ. „Meistens kennen sich Hundebesitzer in ihrer Gegend untereinander. Da wird man leicht angesprochen nach dem Motto: Mensch, Dein Hund hört so gut und kann dann seine Dienste anbieten“, sagt sie. Ein eigenes Übungsgelände sei für die Trainer von Vorteil, denn in Parks herrscht Leinenpflicht und in Auslaufgebieten werden die Hunde zu leicht abgelenkt.

Auch Berit Kaspar bildet Hundetrainer aus. Wichtig ist ihr, dass die Bewerber bereits einen anderen Beruf erlernt haben und über eine gewisse Lebenserfahrung verfügen. „Der Beruf des Hundetrainers ist ein Knochenjob und er ist konjunkturabhängig. Zu essen kriegt der Hund immer, aber am Training wird in der Krise schnell gespart“, sagt sie.

Angehende Hundetrainer sollten laut Berit Kaspar wetterfest sein, lange stehen können, tierlieb, aber auch einfühlsam gegenüber Menschen sein. „Denn in erster Linie arbeiten wir mit den Hundehaltern“, sagt sie. Die meisten Hundetrainer, die sie ausbildet, haben selber einen Hund.

Viele spezialisieren sich nach ihrer Ausbildung auf bestimmte Angebote, zum Beispiel auf sportliche Kurse wie „Mobility“ oder „Agility“. Oder sie konzentrieren sich auf die Ausbildung von Welpen oder sogenannten Problemhunden. „Wichtig ist, dass man als Hundetrainer auch nach der Ausbildung wissbegierig bleibt, weiterhin Fachliteratur ließt oder Seminare besucht“, sagt Berit Kaspar, die in der DDR zur Veterinär-Ingenieurin ausgebildet wurde. Neben der Hundetrainer-Ausbildung bietet sie auch die Ausbildung zum Dogwalker und Hundesitter an. Sie ist beispielsweise für Leute geeignet, die eine Hundepension eröffnen möchten, in der sie Hunde während der Ferienzeit betreuen.

Für eine Stunde Verhaltenstherapie nimmt Berit Kaspar 60 Euro, die Teilnahme an einem Kurs in der Hundeschule kostet bei ihr 17,50 Euro. „Ich denke, wenn man als Hundetrainer 1500 Euro netto im Monat verdient, dann ist man gut“, sagt sie. „Es ist ein schöner Job. Reich kann man allerdings nicht damit werden“, macht sie deutlich und nimmt so manchem damit vielleicht auch eine Illusion. Im Fernsehen gibt es etwa Hundetrainer für prominente Herrchen und Frauchen. Doch dass das nicht die Regel ist, sollte den angehenden Hundetrainern klar sein.

Was Enrico Lombardi von Dogcoach antreibt, sind die Erfolgserlebnisse bei der Erziehung von Hunden. „Es ist ein gutes Gefühl, dem Hundehalter helfen zu können. Meistens reicht es, die Umwelteinflüsse zu ändern und dadurch eine Änderung des Verhaltens des Hundes zu erreichen“, sagt er.

Im Bellos Fall lag das Problem folgendermaßen: Seit seiner Kastration litt er unter einer unerkannten Analdrüsenentzündung. Deshalb hatte er jedes Mal Schmerzen, wenn er sein Geschäft verrichtete. Diesen Schmerz verknüpfte er mit den vorbeisausenden Radfahrern und zeigte deshalb das Abwehrverhalten. Enrico Lombardi erkannte das Problem. Und seit einer medizinischen Behandlung und einem gezielten Verhaltenstraining bellt Bello auch keine Radfahrer mehr an.

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