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Anlegerschutz: 1,5 Millionen Euro für Finanztests

Die Regierung will den Anlegerschutz verbessern. Nicht mit einem Finanz-Tüv und auch nicht mit einer strengeren Finanzaufsicht. Stattdessen soll es die Stiftung Warentest richten. Sie bekommt Geld für neue Tests.

Selbst der Chef war verblüfft. Auch für ihn sei die Nachricht „überraschend“ gekommen, räumt Hubertus Primus ein. Zwar habe es Gespräche gegeben. Aber dass sich die Koalition jetzt entschlossen hat, der Stiftung Warentest eine tragende Rolle beim Anlegerschutz zu übertragen, hat auch Stiftungsvorstand Primus erst am Sonntag Abend aus den Nachrichten erfahren. 1,5 Millionen Euro jährlich will die Regierung der Stiftung ab 2013 zukommen lassen. Mit dem Geld soll sie noch mehr Finanzprodukte testen als bisher. Hinter dem Beschluss des Koalitionsausschusses steckt Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Und die lobte am Montag erwartungsgemäß ihre eigene Initiative als „starkes Signal für den Verbraucherschutz“.

Doch selbst Verbraucherschützer sehen das anders. Um die Anleger vor schlechten Finanzprodukten zu schützen, reiche die Ausweitung der Tests nicht aus, findet Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV). Billen fordert eine stärkere Intervention der Finanzaufsicht Bafin. „Die Stiftung Warentest kann testen und informieren, die Bafin kann sanktionieren“, sagt er.

Doch davon ist die Bundesregierung weit entfernt. Bei der Neuregelung der Finanzaufsicht hat sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bewusst dagegen entschieden, der Bafin neben der Banken- und Versicherungsaufsicht auch den Verbraucherschutz zu übertragen. Zwar soll es bei der Behörde künftig einen Verbraucherbeirat geben, doch der soll nur beratende Funktion haben. Und auch die Beschwerden, die Verbraucher an die Bafin richten können, sollen nicht dem Schutz der Anleger dienen, sondern dem Erkenntnisgewinn der Behörde. Hätte nicht auch die Bafin die Verbraucher vor unseriösen Finanzberatern schützen können? Bei der Behörde hält man sich zurück: „Das ist eine politische Entscheidung“, heißt es. Billen fühlt sich bestätigt: „Der Verzicht auf eine wirksame Kontrolle der Finanzdienstleister und ihrer Produkte zeigt, dass die Bundesregierung nicht gegen unseriöse Anbieter vorgehen will“, ärgert sich der Verbraucherschützer. Und auch der Deutsche Gewerkschaftsbund hält einen „Finanz-Tüv“ ohne die Möglichkeit, Produkte zu verbieten, für „wirkungslos“.

Doch von einem Finanz-Tüv, wie er nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank im Gespräch war, ist ohnedies keine Rede mehr. 800 000 Produkte sind derzeit auf dem Markt, nur einen Bruchteil davon können die Tester überhaupt prüfen. Künftig, so kündigt Hubertus Primus an, wolle man die Produkte aber nicht nur bewerten, sondern auch in Anlagekategorien wie „geeignet für die Altersvorsorge“, „nur zur Beimischung“ oder „nur für spekulative Anleger“ einteilen. Was die Tester sonst noch tun sollen, ist unklar. „Die Stiftung soll Kriterien entwickeln“, heißt es im Ministerium.

Die 1,5 Millionen Euro kann die Stiftung gut gebrauchen. Der Verkauf der Test- und Finanztest-Hefte ist seit Jahren rückläufig. Zudem sind die Tester selbst Opfer der Finanzmarktkrise: Die 50 Millionen Euro, die Aigner der Stiftung als Stiftungskapital überwiesen hat, werfen wegen der niedrigen Zinsen an den Märkten weniger ab als erwartet: Für 2012 fehlen 1,3 Millionen Euro.

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