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Wirtschaft: Arbeitszeit blockiert Tarifkompromiss

Tarifpartner in der Druckindustrie vor der entscheidenden Verhandlungsrunde/Verdi bewegt sich

Berlin - Der Streit um die Verlängerung der Arbeitszeit dominiert die Tarifverhandlungen in der Druckindustrie. Zwar gab es am Freitag von beiden Seiten Kompromisssignale. Doch alles in allem sperrt sich die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nach wie vor vehement gegen eine mögliche Verlängerung der Wochenarbeitszeit im Westen von derzeit 35 auf 40 Wochenstunden. Die Sprecherin der Druckarbeitgeber, Yvonne Frenz, deutete eine Lösung nach dem Vorbild der IG Metall an. Dort hatten sich die Tarifparteien Anfang 2004 in Pforzheim auf eine Öffnungsklausel zur Verlängerung der Arbeitszeit geeinigt – wenn die Tarifparteien einer solchen Abweichung vom Tarif zustimmen. Bei manchen Verdi-Vertretern gilt diese Metallerklausel als „Sündenfall“; keine andere Gewerkschaft stellt sich hartnäckiger gegen längere Arbeitszeiten als Verdi. „In der Druckindustrie mit ihren Überkapazitäten und Beschäftigungsproblemen macht das überhaupt keinen Sinn“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Frank Werneke am Freitag der „FAZ“. Stattdessen will man den Arbeitgebern mit schwankenden Arbeitszeitkonten bei deren Wunsch nach mehr Flexibilität entgegenkommen.

Anders als bei der Arbeitszeit ist die Gewerkschaft durchaus aufgeschlossen, was die Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Krisenunternehmen anbelangt. Allerdings steht das unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Tarifparteien. Schließlich relativierte Werneke im Gespräch mit der „FAZ“ die Forderung der Gewerkschaft nach einer Tariferhöhung um 3,7 Prozent. „Zwischen 1,5 und 2,5 Prozent gibt es allerlei Abschlüsse, die für uns ein denkbarer Rahmen wären“, sagte der Verdi-Verhandlungsführer. Am kommenden Dienstag werden die Verhandlungen in Wiesbaden fortgesetzt. Die Tarifpartner wollen sich bis Donnerstag Zeit nehmen, um ein Gesamtpaket zu schnüren.

Nicht nur wegen der Öffnungsklauseln wird das ein schwieriges Unterfangen. Die Arbeitgeber treten in diesem Jahr mit einem „Horrorkatalog“ an, wie der Tarifexperte der Hans-Böckler-Stiftung, Reinhard Bispinck, meint. Unter anderem soll der Sonnabend zum Regelarbeitstag werden; alle neu Eingestellten würden dann auch keinen Zuschlag mehr bekommen. Auch beim so genannten Antrittsgeld für Dienste an Sonn- und Feiertagen sollen „neue“ Arbeitnehmer künftig schlechter gestellt werden als die „alten“. Alles in allem sei „die Spitzenbezahlung in der Druckindustrie heute wirtschaftlich nicht mehr tragbar“, argumentieren die Arbeitgeber. Der Branchenumsatz sinke seit Jahren, und die Erträge befänden sich auf dem Niveau von 1972. Werneke dagegen führt den Produktivitätsanstieg von zuletzt sechs Prozent ins Feld. Addiert man die Inflationsrate hinzu, hätte die Gewerkschaft eigentlich deutlich mehr als sieben Prozent fordern müssen.

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