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Nah beieinander und doch weit entfernt: Der Aufstieg oder Abstieg einzelner Personen in der Einkommenshierarchie ist seit 1990 deutlich gesunken.

© dpa

Einkommen in Deutschland driften auseinander: Arme bleiben arm, Gutverdiener profitieren

Wer unterhalb der Armutsgrenze lebt, hat es immer schwerer, sich nach oben zu arbeiten. Eine neue Studie belegt, dass die ungleiche Verteilung der Haushaltseinkommen und das Risiko in Armut abzurutschen in Deutschland auf hohem Niveau verharren. Dass Gutverdiener profitieren, läge auch daran, dass ihre Anlagen mehr wert sind.

Es wird nicht mehr besser. Die ungleiche Verteilung der Haushaltseinkommen und das Risiko in Armut abzurutschen verharren in Deutschland auf hohem Niveau. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Nachdem die Ungleichheit der verfügbaren Einkommen in den Jahren nach 2005 leicht zurückgegangen war, scheine dieser Trend im Jahr 2011 „ins Stocken geraten zu sein“. Zum einen sei die Ungleichheit bei den Erwerbseinkommen gewachsen, schreiben Markus Grabka und Jan Göbel, die Autoren der Studie. Zum anderen – und das sei schwerwiegender – habe sich die Schere zu den Kapitaleinkommen weiter geöffnet.

„Die Gewinnentnahmen und und Dividenden haben erheblich zugenommen, und die Aktienmärkte haben sich seit 2009 deutlich erholt.“ Allein der deutsche Leitindex Dax verdoppelte seinen Kurs zwischen März 2009 und Mai 2011. Vereinfacht gesagt: Wer damals Geld in Aktien hatte – und das waren eher die Wohlhabenden als die Bezieher kleiner Einkommen – konnte einen guten Schnitt machen.

Niedriglohnsektor und Renten drücken

Insgesamt haben sich die verfügbaren Haushaltseinkommen – also Löhne und Gehälter plus Kapitaleinkünfte, Renten und staatliche Hilfen abzüglich Steuern und Sozialbeiträge – in den Jahren seit 2000 höchst unterschiedlich entwickelt. Beim oberen Zehntel wuchs es bis 2011 um 13 Prozent. Hingegen gab es in den unteren Verdienstgruppen über die Jahre Verluste um bis zu fünf Prozent.

Die Forscher erklären diesen Rückgang mit der Ausweitung des Niedriglohnsektors und der schwachen Entwicklung bei den Renten. Das macht sich um so stärker bemerkbar, da die Gesellschaft immer älter wird. Und weil der Anteil der Rentner steigt, wächst auch der Anteil derer, die über ein eher geringes Einkommen verfügen.

Doch immerhin sorgte die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt zwischen 2005 und 2010 für ein Schrumpfen der Unterschiede: Mehr Menschen fanden eine Arbeit. Mit rund 42 Millionen ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten derzeit so hoch wie nie.

Die Chance auf Aufstieg ist gesunken

Den Ärmsten hilft das indes wenig. Wer unterhalb der Armutsgrenze leben muss, hat es immer schwerer sich nach oben zu arbeiten. „Die Chance, innerhalb eines Vierteljahres aus dem Armutsrisiko zu entkommen, ist in den vergangenen Jahren um zehn Prozentpunkte auf 46 Prozent gesunken“, erläutert Grabka. Das Armutsrisiko an sich habe jedoch nicht zugenommen.

Als einkommensarm gelten nach der Definition der Wissenschaftler Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens haben. Für das Jahr 2011 liegt dies bei 980 Euro monatlich netto für einen Einpersonenhaushalt. Grundsätzlich sei es schwieriger geworden sich zu verändern. „Individuelle Auf- und Abstiege in andere Einkommensgruppen finden also immer weniger statt“, schreibt das DIW.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt das gewerkschaftsnahe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut. Der aktuelle Anstieg der Lohnquote sei keine „reine Erfolgsstory“. Der Abstand zwischen hohen und niedrigen Löhnen sei seit 2008 gewachsen, beklagt das Institut. Und: Während die Tariflöhne seit der Jahrtausendwende um insgesamt 6,8 Prozent gestiegen seien, hätten die Beschäftigten ohne Tarif real zwei Prozent eingebüßt. Nach Gewerkschaftsangaben zahlen lediglich 21 Prozent der Betriebe im Osten und 34 Prozent der Unternehmen im Westen Tarifgehälter.

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