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Wirtschaft: Athen pumpt Auslandsgriechen an Griechenlands Finanzminister testet den Markt mit einer „Diaspora-Anleihe“

Athen - Sie flohen vor Arbeitslosigkeit, Armut und Elend: Mehrere Millionen Griechen verließen im vergangenen Jahrhundert ihre Heimat, in der Hoffnung auf ein besseres Leben im Ausland. Jetzt sollen ihre Nachkommen helfen, die Finanznöte Griechenlands zu lindern.

Athen - Sie flohen vor Arbeitslosigkeit, Armut und Elend: Mehrere Millionen Griechen verließen im vergangenen Jahrhundert ihre Heimat, in der Hoffnung auf ein besseres Leben im Ausland. Jetzt sollen ihre Nachkommen helfen, die Finanznöte Griechenlands zu lindern. Der Athener Finanzminister Giorgos Papakonstantinou will einen sogenannten „Diaspora-Bond“ auflegen, eine speziell für Auslandsgriechen zugeschnittene Anleihe. Er setzt auf den Patriotismus der Auslandsgriechen. Die Idee, gut betuchte Auswanderer anzupumpen, ist nicht neu. So hat Israel mit einem jährlichen Diaspora-Fonds seit 1951 bereits 31 Milliarden Dollar eingenommen. Indien seit 1991 rund elf Milliarden.

Knapp elf Millionen Griechen leben in Griechenland, aber geschätzt bis zu weitere sieben Millionen gibt es verstreut auf allen Kontinenten. Die meisten sind gut situierte Mittelständler, einige auch Multimilliardäre wie der Immobilienmogul Alex Spanos oder der Finanzmanager John Calamos. Weil sich viele Auslandsgriechen meist sehr eng mit der Heimat ihrer Vorfahren verbunden fühlen, hat die Idee gute Erfolgsaussichten. Die Konditionen der geplanten Anleihe – Laufzeit und Kupon – stehen noch nicht fest. Sie dürften auch davon abhängen, wie sich die Diskussion um eine Erweiterung des EU-Rettungsschirmes, längere Laufzeiten für die bereits zugesagten Hilfskredite und deren Zinsniveau in den nächsten Wochen entwickelt. Außerdem muss Papakonstantinou die Genehmigung der US-Wertpapieraufsicht SEC abwarten, bevor er die Papiere in den USA anbieten kann. Papakonstantinou wird den Anlegern sicher eine höhere Rendite bieten müssen als etwa mit US-Staatsanleihen zu erzielen ist. Zugleich sollten es aber möglichst weniger als jene fünf Prozent sein, die Griechenland für die Hilfskredite der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlt. In Athener Finanzkreisen wird erwartet, dass die staatliche Schuldenagentur PDMA mit der Anleihe rund eine Milliarde Euro aufnehmen wird. Das wäre nicht viel, gemessen am Refinanzierungsbedarf des Landes, der dieses Jahr bei 55,2 Milliarden liegt. Die Bedeutung des Auswanderer-Bonds liegt aber nicht in seinem Volumen sondern darin, dass Griechenland damit den ersten Schritt zur Rückkehr an die Finanzmärkte machen wird. In diesem Jahr bestreitet Athen die Refinanzierung fälliger Schulden noch größtenteils aus dem 110-Milliarden-Hilfspaket von EU und IWF. Der Rest wird mit kurzlaufenden Geldmarktpapieren gedeckt. Schon 2012 wird das Land aber in großem Umfang an die Kapitalmärkte zurückkehren müssen, um seinen Kreditbedarf zu decken. Dafür wird die Diaspora-Anleihe ein erster Test. Gerd Höhler

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