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Elektromobilität: Auftanken an der Straßenlaterne

Der Berliner Senat will die Zahl der Ladepunkte für Elektroautos bis zum Jahresende verdreifachen. Schon jetzt kündigt sich aber ein Parkplatzproblem an.

Berlin - Elektroautos können ihre Akkus bald an Straßenlaternen der Hauptstadt aufladen. Bis Jahresende will die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte verdreifachen. Sieben Millionen Euro lässt sich die öffentliche Hand den Anschub für die Elektromobilität kosten. Dass dabei auch Straßenlaternen zu Stromtankstellen aufgerüstet werden, sieht die laufende Ausschreibung, die dem Tagesspiegel vorliegt, explizit vor. Wer die Technik dafür liefert, ist aber noch nicht entschieden.

Bisher gibt es in Berlin gerade mal 100 öffentliche Ladepunkte für Elektroautos. Zumeist handelt es sich um die Säulen großer Energieversorger wie zum Beispiel RWE. Dass die Zahl noch immer so niedrig ist, liegt am hohen Preis. Mehrere tausend Euro kostet eine herkömmliche Ladesäule, unter anderem wegen der notwendigen Tiefbauarbeiten. Hinzu kommen Betriebskosten. Gewinn macht mit den Säulen niemand, im Gegenteil. Bisher galt daher für die Betreiber: so wenig Säulen wie nötig. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur kommt so allerdings nur schleppend voran. Ohne ein flächendeckendes Netz mit Ladepunkten bleibt das Elektroauto daher für viele nur eine Spielerei und kann so niemals eine ernsthafte Alternative zum Benziner werden

Von September an will der Berliner Senat der Elektromobilität nun einen kräftigen Schub verpassen. Bis Jahresende sollen in der Hauptstadt 200 neue Ladepunkte für Elektroautos entstehen, bis Ende 2015 sogar 800. „Damit müssten wir dann europaweit an der Spitze sein“, sagt Friedemann Kunst, Abteilungsleiter Verkehr in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die Ausschreibung über insgesamt sieben Millionen Euro ist aufgeteilt in vier Lose. „Die Idee dahinter ist, dass wir uns nicht von einer Technik und einem Anbieter abhängig machen und gleichzeitig mehrere Lösungen erproben wollen“, erklärt Kunst.

Aus den mehr als 20 Bewerbern hat die Senatsverwaltung bereits sieben Finalisten ausgewählt, mit denen sie nun über Details verhandelt. Über die Namen der Bieter herrscht offiziell zwar Stillschweigen. Von Insidern ist aber zu erfahren, dass mit Vattenfall, RWE, Eon, EnBW und der Wall AG vor allem bekannte Namen darunter sind. Außerdem hoffen Smartlab aus Aachen und The New Motion aus den Niederlanden auf einen Zuschlag.

Von den rund 270 000 Straßenlaternen in der Hauptstadt erfüllen etwa zehn Prozent die Voraussetzung, um sie zum Ladepunkt für Elektroautos aufzurüsten. Von den zwei Stromphasen im Inneren der Masten wird eine in der Regel nicht genutzt. Wie viel Technik zukünftig in den Laternen stecken soll, darüber gibt es verschiedene Auffassungen.

Das Berliner Start-up Ubitricity zum Beispiel will keine Stromzähler in die Laternen bauen, um die Kosten für die Ladepunkte niedrig zu halten – die Rede ist von 300 bis 400 Euro. „Unser niedriger Preis ist möglich, weil bei uns die Zählertechnik im Ladekabel steckt, das der Autofahrer immer bei sich im Auto hat“, erklärt Geschäftsführer Frank Pawlitschek. Das Prinzip des schlauen Ladekabels nennt Ubitricity „Mobile Metering“. Wird die Systemsteckdose mit dem Auto verbunden, erkennt das Kabel deren Nummer und bittet per Mobilfunk bei einer Leitstelle um Ladefreigabe. Wenn sich der Fahrer mit einer Pin ausgewiesen hat, beginnt das Auto Sekunden später, Strom zu tanken. Am Monatsende erhält der Kunde eine Rechnung samt Einzelverbindungsnachweis aller Ladevorgänge – wie beim Handy. Der Betreiber der Systemsteckdose oder Straßenlaterne bekommt derweil den Preis des an seiner Steckdose getankten Stroms exakt gutgeschrieben.

Aus dem Bieterverfahren um die Straßenlaternen-Ausschreibung ist Ubitricity zwar ausgeschieden – offiziell begründet mit der zu geringen Größe des Start-ups. Dennoch habe Ubitricity sich mit der Senatsverwaltung darauf geeinigt, schon im Mai erste Straßenlaternen zu Stromtankstellen umzubauen, berichtet Knut Hechtfischer, Mitgründer von Ubitricity. So biete sich immerhin die Gelegenheit, sich und seine Technik doch noch zu beweisen – sogar früher als alle anderen.

Noch mit dabei im Bieterrennen ist indirekt das Berliner Start-up Ebee Smart Technologies. Eon und ein weiterer Energieriese würden im Erfolgsfall die Technik von Ebee Smart Technologies beziehen, berichtet Geschäftsführer Henning Heppner, der das Unternehmen im Juni 2011 gemeinsam mit Robert Mitschke gegründet hat. Ein dritter Bieter plane ebenfalls eine Zusammenarbeit, habe diese aber noch nicht vertraglich abgeschlossen.

„Unsere Ladepunkte sind etwas teurer als die von Ubitricity“, sagt Mitschke. Denn genau wie in den konventionellen Ladesäulen stecke in den Ladepunkten von Ebee Smart Technologies ein Zähler. „Wir möchten, dass man mit jedem Kabel bei uns Strom tanken kann“, so Mitschke. Ein Höchstmaß an Standardisierung habe bei ihnen Priorität. Wie teuer genau einer ihrer Ladepunkte sein wird, will das Start-up nicht verraten. Unter 1000 Euro liege der Preis aber auf jeden Fall. „Ich würde mich schon sehr wundern, wenn wir keinen Zuschlag erhalten würden“, sagt Mitschke.

Unabhängig von der technischen Lösung ist noch ungeklärt, wie die Zugänglichkeit der Ladepunkte sichergestellt werden kann. „Möglicherweise muss dafür der Parkraum ähnlich wie bereits bei Car-Sharing-Stellplätzen bewirtschaftet werden“, sagt Friedemann Kunst vom Senat. Schon heute sei der Großteil der Ladesäulen zumeist blockiert. „Die Bundesregierung sollte das Straßenverkehrsgesetz so ändern, dass Elektroautos privilegiert werden.“

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