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Der alte Neue. August Markl, seit Frühjahr bereits kommissarischer ADAC-Präsident, wurde am Samstag mit großer Mehrheit gewählt.

© Reuters

Update

Außerordentliche Hauptversammlung in München: Der ADAC erfindet sich neu

2014 war ein schweres Krisenjahr für den ADAC. Nun will der Autoclub neu durchstarten und mit reformierten Strukturen Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung wurde eine Aufspaltung des Autoklubs in drei Teile gebilligt.

Es ist ein unscheinbares Amtsgericht, vor dem sich der ADAC derzeit am meisten fürchtet. Immer wieder wird am Samstag auf der ersten außerordentlichen Hauptversammlung des Automobilklubs mit dem Münchner Registergericht gedroht. Dieses prüft, ob der ADAC noch ein Verein ist – oder eher ein Konzern. Die Gefahr bestehe, so sagt es der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident und ADAC-Berater Hans-Jürgen Papier, dass dieser so wichtige Status als Verein dem ADAC „schlussendlich aberkannt wird“.

Drastische Worte verdeutlichen den 218 Delegierten in der schicken Münchner ADAC-Zentrale, dass es bei der „Reform für Vertrauen“, die verabschiedet werden soll, um alles geht. Würden die Pläne des Präsidiums und des Beraterbeirats zur Entflechtung und zu neuer Transparenz nicht sehr deutlich angenommen oder gar abgelehnt werden – es wäre der Anfang vom Ende des Autoklubs. Das Gericht schaut genau hin, was sich in der Münchner Hansastraße bewegt. Das wissen die stimmberechtigten Vertreter aus den 18 Regionalverbänden, die bis vor kurzem noch „Gaue“ hießen.

In offener Abstimmung heben am Ende alle Delegierten die Hand. Der Plan für einen neuen ADAC ist einstimmig angenommen. Mit etwas weniger Geschlossenheit wird der kommissarische ADAC-Vize August Markl zum Präsidenten gewählt. Er erhält 180 Stimmen bei zehn Enthaltungen und 28 Nein-Stimmen. Das ist sehr ordentlich, Markl strahlt. Ein Teil der Mammutaufgabe ist bewältigt, nachdem Markl im Frühjahr den von Skandalen taumelnden ADAC von seinem Vorgänger Peter Meyer übernommen hat. Meyer war zum Abgang gezwungen worden.

Begonnen hatte alles im Januar, als bekannt wurde, dass die Stimmenzahl beim Auto-Preis „Gelber Engel“ vom damaligen Kommunikationschef Michael Ramstetter massiv nach oben manipuliert worden war. Ramstetter flog raus, es drohte ein langer Gerichtsprozess. Kurz vor der Hauptversammlung hat sich der Verein mit ihm geeinigt.

ADAC wird in drei Teile aufgespalten

Schlag auf Schlag geht es an diesem Tag, an dem sich der Verein nach seiner 111-jährigen Geschichte neu erfinden soll. Präsidiumsmitglieder stellen zusammen mit dem externen Beirat die Pfeiler der Erneuerung vor. So wird der ADAC in drei Teile aufgespalten: Der Verein soll sich um die Mitglieder und die originären Aufgaben wie etwa die Pannenhilfe kümmern. Zweiter Pfeiler ist eine neue Aktiengesellschaft, in der die ADAC-Tochterfirmen eingegliedert werden. Und schließlich soll drittens eine neue gemeinnützige Stiftung gegründet werden, die sich etwa mit Unfallforschung und der Hilfe für Unfallopfer befasst. Die Stiftung wird mit den Gewinnen der AG gespeist. Neu ist, dass die drei Teile personell voneinander unabhängig sind und es nicht zu unübersichtlichen Verflechtungen kommt. Hans-Jürgen Papier nennt das „Entherrschung“. Dem ADAC werde ein „grundlegender Transformationsprozess abverlangt“.

Im Vorfeld der Delegiertenversammlung war darüber spekuliert worden, wie die 18 Regionalverbände, die sich selbst zu Fürstentümern entwickelt haben, reagieren würden. Denn ihnen wird viel Macht genommen. Doch eine Revolte bleibt am Samstag aus. Ein paar Fragen, ein paar sehr harmlose Wortmeldungen. Der Delegierte Peter Meyer bleibt still.

Ohne die Persönlichkeiten aus dem Beirat, neben Papier etwa Edda Müller von Transparency, wäre die Reform nicht geglückt. Bei den Delegierten – die große Mehrheit Männer in dunklen Anzügen – ist noch viel vom alten ADAC-Geist zu spüren. Viele sind seit Jahrzehnten mit dem ADAC verbunden. Ein Präsidiumsmitglied kündigt vage an, man werde die Arbeit „noch fokussierter machen“.

Die Sprache der Beiratsmitglieder ist deutlicher. Papier spricht vom „Konzerncharakter“ des Klubs und dass sich der ADAC „zu weit von seinen Wurzeln entfernt“ habe. Man brauche den „großen Wurf“ und solle auf „kosmetische Korrekturen“ verzichten. Edda Müller meint: „Glaubwürdigkeit ist ein sehr fragiles Gut“ – zum Beispiel bei Produkttests.

Kurz vor der Hauptversammlung hat der ADAC die Grundsätze für „Gutes Testen“ unterzeichnet und sich strengen Regeln unterworfen. Zu den Erstunterzeichnern gehören die Stiftung Warentest und „Ökotest“. Verbraucherminister Heiko Maas (SPD) lobt: Der Klub habe erkannt, dass er weiter daran arbeiten müsse, „sich grundsätzlich neu aufzustellen“.

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