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Wirtschaft: Autokonzerne lehnen Pflicht zum Spritsparen ab

Die EU-Kommission will Durchschnittsverbrauch auf 4,5 Liter senken – das würde ein Fahrzeug aber um etwa 3000 Euro verteuern

Berlin - Die europäische Autoindustrie bekommt von der Politik einen Regulierungsrahmen für die kommenden zehn Jahre. An diesem Montag wird EU-Kommissar Günter Verheugen ein entsprechendes Programm vorstellen, das im Rahmen der Initiative Cars 21 von Politik, Wirtschaft und Umweltverbänden entwickelt wurde. „Wir bekommen Planungssicherheit für die Industrie“, sagte Wolfgang Schneider, Vizechef von Ford Europe und Mitglied der Initiative, dem Tagesspiegel. Bislang gibt es rund 100 Richtlinien in der EU, die die Autoindustrie betreffen. „30 bis 40 Richtlinien werden nun abgeschafft“, sagte Schneider. „Wir können mehr selbst bestimmen und selbst testen und erhöhen dadurch unsere Wettbewerbsfähigkeit.“

Die ganze Sache hat aber Schneider zufolge einen Haken. „Wir können die Regulierungsdichte in der EU nur reduzieren, wenn wir in der CO2-Frage einen Durchbruch erreichen.“ Nach wie vor ist umstritten, wie der Spritverbrauch und damit die Kohlendioxid-Emissionen reduziert werden können. Die Autohersteller haben sich verpflichtetet, bis 2008 den Durchschnittsverbrauch auf 5,5 Liter pro 100 Kilometer zu drücken. Das entspricht dem Ausstoß von 140 Gramm CO2. Bis 2012 hat die EU-Kommission die Grenze bei 120 Gramm gesetzt. Im Schnitt darf dann der Durchschnitts-Pkw nicht mehr als 4,5 Liter verbrauchen.

Für Ford-Manager Schneider ist dieses Ziel nahezu unmöglich. „Um einen durchschnittlichen Verbrauch von 4,5 Litern zu erreichen, müsste man viele Zwei-Liter-Autos bauen, damit überhaupt noch ein Volvo fahren kann.“ Auch die EU-Kommission erwartet, dass die vorgegebene Reduzierung allein von den Herstellern nicht erreicht werden kann. Die Kraftstoffindustrie soll in die Pflicht genommen werden. „Es bleibt bei der 4,5-Liter-Vorgabe, aber Auto- und Ölindustrie bemühen sich künftig gemeinsam um die Erreichung des Ziels. Die Aufgabe wird geteilt, ohne dass genau feststeht, wer welchen Anteil trägt“, beschreibt Schneider das wichtigste Ergebnis von Cars 21. „Die Beimischung einer bestimmten Menge von Biokraftstoff ist unverbindlich.“

Trotzdem ist die Mineralölbranche nicht begeistert. „Die Kosten sind erheblich“, sagte Klaus Picard, Geschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes, dem Tagesspiegel. Biokraftstoffe seien zumindest gegenwärtig noch „zu teuer, zu kompliziert und nicht effizient genug“. Biosprit ist gut doppelt so teuer wie Benzin oder Diesel. Und daran wird sich Picard zufolge auch nichts ändern. „Der Scheich vom Acker – das funktioniert nicht.“ Im Übrigen versuche die Autoindustrie, ihre Probleme mit der Erfüllung der eigenen Selbstverpflichtung zur CO2-Reduzierung „mit dem Griff zu Biokraftstoffen zu lösen“.

Biokraftstoffe gibt es als Biodiesel in Reinform sowie Biodiesel und Bioethanol als Beimischung zu Diesel und Benzin. Als Biokraftstoff der Zukunft gilt BTL (Biomass-to-Liquid), der aus jeder Art von trockener Biomasse, etwa Holz, Getreide oder Pflanzen, hergestellt werden kann.

Unabhängig von der Cars-21-Initiative will die EU-Kommission den Anteil von Biokraftstoffen von derzeit 0,8 Prozent bis 2010 auf 5,75 Prozent erhöhen. Das deckt sich mit dem Ziel der Bundesregierung, die die Mineralölsteuerbefreiung des Biosprits durch eine Beimischungspflicht ersetzen will. In keinem anderen EU-Land wird so viel Biodiesel produziert und verkauft wie in Deutschland.

Allerdings ist Biodiesel mitnichten ein ökologischer Stoff, denn der Grundstoff Raps versauert den Boden. Überhaupt bezweifelt vor allem die Mineralölindustrie die Umweltfreundlichkeit der alternativen Kraftstoffe. Die einflussreiche Branche will daher zwei Studien abwarten, die Aufschluss darüber geben sollen, wie die CO2-Reduzierung am besten erreicht werden kann. „Die Beimischung von Biokraftstoffen ist teurer als Benzin und Diesel“, räumt Ford-Mann Schneider ein, „und die genauen Kosten kennt man nicht“.

Die Ölbranche fordert eine ausführliche Kosten-Nutzen-Analyse über den Einsatz von Biosprit. Erst auf Grundlage einer solchen Expertise will sich die Branche auf einen Fahrplan hin zu mehr Biokraftstoffen einlassen. Im Kern der Auseinandersetzung geht es um Geld: Schätzungen zufolge würde ein Auto 3000 Euro teurer, wenn man den Durchschnittsverbrauch allein durch Maßnahmen der Autohersteller auf 4,5 Liter drücken würde. Auf den verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen könnten davon wiederum 1000 Euro entfallen. Anders gesagt: Die Autohersteller übernehmen zwei Drittel, die Ölkonzerne ein Drittel der Kosten.

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