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© dpa

Automobilindustrie: Die Rohstoffkrise frisst sich durch

Die Öl- und Stahlproduzenten heben Preise an. Das trifft die deutschen Autohersteller.

Die bisher diffuse Angst vor steigen Rohstoffpreisen schlägt immer mehr auch auf die deutsche Industrie durch und entwickelt sich zum echten Problem: Nachdem am Dienstag einige weltweit führende Rohstoffkonzerne und weiterverarbeitende Produzenten teils massive Preiserhöhungen ankündigten, sackten einige zentrale Aktien im deutschen Leitindex Dax ab – besonders die der Autokonzerne. Auch die Bundesregierung äußerte sich besorgt.

Zwar lässt sich nicht immer ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen schlechter Nachricht und der Reaktion einer Aktie belegen. Am Dienstag war jedoch besonders auffällig, wie sich die Krise vom Grundrohstoff bis zum Endprodukt durchfraß: Erst teilte Rio Tinto, einer der weltgrößten Minenkonzerne mit, dass er bei einem wichtigen Abnehmer in China Eisenerz-Preissteigerungen von fast 100 Prozent durchsetzen konnte. Man benötigt etwa zwei Tonnen Eisenerz und Kokskohle, um eine Tonne Stahl zu erzeugen. Daraufhin kündigte der weltweit viertgrößte Stahlproduzent Posco an, die Preise umgehend bis zu 21 Prozent zu erhöhen.

Auch der zweitgrößte deutsche Flachstahlhersteller Salzgitter reagierte: Man wolle zum dritten Quartal 150 Euro mehr je Tonne Flachstahl verlangen, sagte ein Sprecher in Hannover. Angekündigt waren bisher 130 Euro. Fast jedes Teil einer normalen Autokarosserie wird aus Flachstahlblechen gestanzt. Damit gaben die Aktien der großen Autobauer VW, BMW und Daimler nach. Das Daimler-Papier führte mit einem Verlust von zuletzt 3,8 Prozent die Verliererliste der 30 Dax-Unternehmen an.

Europas größter Hersteller Volkswagen will nun seine Anstrengungen bei der Einsparung von Materialkosten verstärken, teilte ein Sprecher in Wolfsburg mit. Aber: „Aus heutiger Sicht werden die daraus resultierenden Effekte die aktuellen Marktpreisforderungen nicht kompensieren“, fügte er hinzu. Das war kompliziert ausgedrückt, doch die Botschaft war klar: VW wird womöglich die Preise für seine Autos erhöhen müssen – damit käme die Rohstoffkrise direkt beim Endverbraucher an.

Das wird kaum diese Woche geschehen, da Volkswagen, wie alle Autobauer, durch langfristige Lieferverträge gegen Preisschwankungen abgesichert ist. Aber mit dem Auslaufen solcher Verträge können die Lieferanten (wie Salzgitter) höhere Preise durchsetzen. Und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht, so lange die Preise für Öl, Erze und Energie, die in fast allen Industrieprodukten stecken, weiter steigen.

Die Politik sieht machtlos zu. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) bleibt in diesen Tagen kaum mehr als die Rolle eines Öl-Stimmungsbarometers. Und das fällt stetig. Am Sonntag vertrat Glos die Bundesregierung beim Krisengipfel im saudi-arabischen Dschidda. Da verließ er den Sitzungssaal und nannte die vage Ankündigung der Saudis, ihre Ölförderung leicht zu erhöhen, noch „ein positives Signal an andere Förderländer“.

Am Montag dann, zurück in Berlin, trat er vor mehr als 1000 Unternehmer beim Tag der Deutschen Industrie und sagte: „Wenn der Ölpreis weiter steigt und die Fördermenge weiter sinkt, müssen wir alles dagegen tun.“ Er fügte hinzu, dass bald mehr Länder Sprit aus Pflanzenmaterial produzieren würden. „Und dann sind die Ärmsten der Armen die am stärksten gekniffenen.“ Am Dienstag schließlich, beim deutsch-aserbaidschanischen Wirtschaftsforum, sprach er gar von einer „ungeheuren Gefahr für die Weltwirtschaft“. Am Ende wurde Glos sogar für die Talfahrt des Dax mitverantwortlich gemacht. „Die Äußerungen von Glos, stoßen auf einen willfährigen Markt“, zitierte die Agentur Reuters einen Händler in Frankfurt.

Der Dax gab zeitweise bis zu 2,2 Prozent nach – wofür man aber kaum den Minister allein verantwortlich machen kann. Aus aller Welt kamen die Meldungen: Der weltgrößte Autobauer General Motors drosselt die Produktion und will den Marktstart neuer spritfressender Geländewagen verschieben. Und auch der größte US-Chemiekonzern Dow-Chemical kündigte wegen der hohen Öl- und Energiepreise zusätzlich eine Steigerung der Verkaufspreise um bis zu 25 Prozent an. Dow-Chemical muss nach eigenen Angaben im laufenden Jahr für Öl und Gas mit 32 Milliarden Dollar viermal so viel zahlen wie vor fünf Jahren.

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