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Automobilindustrie: Freiheit für Opel

Keine Buhrufe, keine Pfiffe. Erstaunlich gelassen empfingen mehr als 9000 Opel-Mitarbeiter am Freitag im Stammwerk Rüsselsheim General-Motors-Europa-Chef Nick Reilly. Der Brite, der nur vorübergehend eingesetzt werden sollte und nun doch auf diesem Posten bleibt, hatte eine gute Botschaft mitgebracht.

Rüsselsheim - Keine Buhrufe, keine Pfiffe. Erstaunlich gelassen empfingen mehr als 9000 Opel-Mitarbeiter am Freitag im Stammwerk Rüsselsheim General-Motors-Europa-Chef Nick Reilly. Der Brite, der nur vorübergehend eingesetzt werden sollte und nun doch auf diesem Posten bleibt, hatte eine gute Botschaft mitgebracht: Im Internationalen Entwicklungszentrum (ITEZ) in Rüsselsheim werden 548 Ingenieure ihren Arbeitsplatz nicht verlieren. Nach den bisherigen Plänen sollten die Stellen dort abgebaut werden. Auch der weltweite Verkauf von Opel-Modellen soll wieder möglich sein, vorausgesetzt der Export rechnet sich. GM hatte bislang auf wichtigen Märkten in Asien den Opel-Vertrieb untersagt, um anderen GM-Marken keine Konkurrenz zu machen.

Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz begrüßte diese „positiven“ Signale. Der gemeinsame Auftritt am Freitag macht deutlich: Die zuletzt noch schwer gestörte Atmosphäre zwischen Reilly und Franz scheint sich deutlich gebessert zu haben. Konkrete Angaben zu Einschnitten und zum Personalabbau – abgesehen von den Zugeständnissen beim ITEZ – machte Reilly aber nicht. Er versicherte nur, dass GM ein starkes Interesse habe, Opel wieder in eine „glänzende Zukunft“ zu führen. Ob der Europa-Chef dafür auch die volle Rückendeckung der GM- Zentrale in Detroit hat, ist allerdings unklar. Franz bedauerte am Freitag den überraschenden Rausschmiss von GM- Chef Fritz Henderson Mitte der Woche. Am Montag will sich Franz bei GM-Verwaltungsratschef Ed Whitacre in Detroit ein Bild machen und zugleich die Forderungen der Betriebsräte von Opel und der britischen Schwestermarke Vauxhall auf den Tisch legen.

Zumindest Franz und Reilly scheinen mittlerweile eine Arbeitsbasis gefunden zu haben. Er habe sich gefreut, dass er den 9000 Opelanern seine Position habe erläutern können, sagte Reilly. Er stellte aber erneut klar, dass die Kapazitäten von Opel und Vauxhall in Europa um 20 Prozent gekappt und rund 9000 Arbeitsplätze gestrichen werden müssten – „oder ein paar weniger“. Details zu Standorten nannte der Brite nicht. Er versicherte, der europäische GM-Ableger und das Management in Rüsselsheim sollten mehr Eigenständigkeit erhalten.

Auch eine Beteiligung der Mitarbeiter an Opel sei eine Option. „Vor uns liegt aber noch ein langer Weg“, fügte Reilly hinzu. Dabei wird auch Staatshilfe eine Rolle spielen. GM braucht für die Neuaufstellung von Opel 3,3 Milliarden Euro, 600 Millionen wollen die Amerikaner selbst beisteuern. Es gebe positive Stimmen der Regierungen in allen Ländern mit Opel- Werken, betonte Reilly, auch in Deutschland. „Wir sind zuversichtlich, dass wir Unterstützung bekommen.“

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sieht Staatshilfen für Opel indes weiter kritisch. „Ich bin der Auffassung, dass GM in der Lage ist, seine Aufgaben selbst zu lösen“, sagte Brüderle bei einem Treffen mit europäischen Amtskollegen in Brüssel. Die Europäische Kommission wird das Sanierungskonzept für Opel unter die Lupe nehmen. Es gehe um eine nachvollziehbare „Rahmenbeurteilung“, ob das von GM vorzulegende Konzept „industriepolitisch Sinn“ ergebe, sagte Brüderle. Opel-Chef Reilly deutete in Brüssel an, dass das Konzept möglicherweise erst im Januar 2010 präsentiert werden kann. Erst nach der Prüfung durch die EU-Kommission wollen die Mitgliedstaaten mit Opel-Standorten dann über etwaige Staatsbeihilfen entscheiden.

Klaus Franz sicherte am Freitag zu, dass die Arbeitnehmer einen Beitrag zur Sanierung leisten wollen. Grundlage sei in den Verhandlungen aber das, was mit dem ausgeschiedenen Magna-Konsortium vereinbart worden sei – mit Zustimmung von GM. Danach wären die Opel-Mitarbeiter in den kommenden Jahren bereit, auf Lohnbestandteile im Volumen von 265 Millionen Euro zu verzichten. „Wir werden nicht unter dem Türspalt durchkriechen“, schränkte Franz ein. Die vorliegenden Pläne von GM hätten noch „zu wenig Substanz“, als dass die Arbeitnehmer Zusagen machen könnten. Der „Viability Plan VP VI“ von GM sieht den Abbau von 8313 Stellen in Europa vor, davon 4723 in Deutschland. 1799 entfallen auf Bochum, jeweils 300 auf Kaiserslautern und Eisenach sowie 862 auf Rüsselsheim.

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