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Wirtschaft: Bahn setzt 800 zusätzliche Sicherheitskräfte ein

Konzern verstärkt auch die Videoüberwachung / Hohe Kosten erwartet / Grüne plädieren für Fahrpreiszuschlag

Berlin - Die Sicherheit auf Bahnhöfen wird erhöht. Trotzdem müssten die Passagiere durch die zusätzlichen Maßnahmen – etwa die stichprobenartige Gepäckkontrolle durch die Bundespolizei – keine längeren Wartezeiten befürchten, sagte Bahn-Vorstandsmitglied Otto Wiesheu am Montag. Die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen bezeichnete der Manager als „hoch“, ohne aber Zahlen zu nennen. Ein Bahn-Sprecher wollte zu womöglich nötigen Fahrpreiserhöhungen nichts sagen. Für den Einsatz der Bundespolizei zahlt die Bahn derzeit nichts. Die Grünen brachten einen Sicherheitsaufschlag für Bahnfahrkarten ins Gespräch.

Die Deutsche Bahn kündigte an, ihr Sicherheitspersonal um 800 Beschäftigte aufzustocken. Die Branche warnte aber vor überzogenen Erwartungen angesichts von täglich 27 Millionen Fahrgästen im System Schiene. Nach den fehlgeschlagenen Bombenanschlägen in zwei Regionalzügen hatte Norbert Hansen, Vorsitzender der Bahngewerkschaft Transnet, gefordert, mehr Personal für die Sicherheit in Zügen und auf Bahnhöfen einzusetzen. Bahn-Vorstand Wiesheu kündigte daraufhin an, die Zahl der in dem Bereich Beschäftigten bundesweit von 2200 auf 3000 aufzustocken. Ein Sprecher ergänzte, dabei handele es sich nicht um Neueinstellungen, sondern um Bahn-Beschäftigte, die an anderer Stelle im Konzern nicht mehr benötigt würden.

Zudem seien weiterhin 5000 Bundespolizisten bei der Bahn im Einsatz, sagte Wiesheu weiter. Auf den Bahnhöfen solle es eine stärkere Videoüberwachung geben. Bewaffnetes Personal zum Schutz der Fahrgäste, ähnlich wie seit dem 11. September 2001 in Flugzeugen, lehnte Wiesheu als unnötig ab.

Unklar ist, wer die nötigen Ausgaben tragen soll. Die Grünen schlugen eine Umlage auf die Fahrpreise vor. Die Kosten der zusätzlichen Sicherheit dürften nicht allein dem Steuerzahler angelastet werden, sagte der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann. „Es kann nicht sein, dass eine Oma mit ihren Steuern die Sicherheit eines Bahn-Vielfahrers mitbezahlt“, sagte Hermann dem Tagesspiegel. Der FDP-Bahnfachmann Horst Friedrich schätzte, die Kosten für die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen könnten rasch einen zweistelligen Millionenbetrag erreichen.

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßte die Pläne der Bahn. „Der Einsatz von mehr Personal in den Zügen erhöht Sicherheit und Service und steigert die Einnahmen der Verkehrsunternehmen“, sagte der Vorsitzende Karl-Peter Naumann. Die Videoüberwachung habe sich außerdem bewährt. Es mache aber für die Passagiere keinen Sinn, für eine halbstündige Fahrt mit dem Regionalzug eine Stunde vorher am Bahnhof sein und sein Gepäck einchecken zu müssen.

Jürgen Siegmann von der Technischen Universität Berlin und Chef des wissenschaftlichen Beirats beim Verkehrsministerium, sagte, die Eingriffe seien nötig, müssten aber begrenzt bleiben. „Das Schienensystem muss offen bleiben, das ist sein großer Vorteil.“ Sollte es strengere Gepäckkontrollen geben, könnten die Fahrgastzahlen zurückgehen.

Generell warnten die Verkehrsunternehmen vor überzogenen Anforderungen der Politik an die Sicherheitsmaßnahmen in Bussen und Bahnen. „Innerhalb Deutschlands gibt es 20 Millionen Flugpassagiere pro Jahr. Busse und Bahnen benutzen 27 Millionen Passagiere – allerdings am Tag“, sagte ein Sprecher des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). „Eine umfassende Überwachung kann es da gar nicht geben. Auch die Verkehrsbetriebe seien an größtmöglicher Sicherheit interessiert. Daher gebe es „in zunehmender Zahl“ auch in U- und Stadtbahnen Überwachungskameras; vereinzelt auch in Bussen. Ein flächendeckender Einsatz scheitere jedoch am Geld. Erst vor kurzem habe etwa der Bund die Mittel der Länder für den Regionalverkehr gekürzt. „Wenn der ÖPNV deutlich weniger Geld bekommt, wird der Spielraum für Sicherheitsmaßnahmen enger“, sagte der Sprecher.

Das Bundeswirtschaftsministerium warnte derweil vor zusätzlichen Kosten für Unternehmen etwa im Verkehr, sollten die Anforderungen an die Sicherheit in verschiedenen Bereichen steigen. „Es besteht in solchen Situationen die Gefahr, dass übers Ziel hinausgeschossen wird“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Joachim Wuermeling dem „Handelsblatt“. „Wir müssen darauf achten, dass die Maßnahmen zielgerichtet und effektiv sind“, sagte der Staatssekretär. mit HB

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