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Wirtschaft: Bauwirtschaft: Unternehmen lehnen Tariftreuegesetz ab

Gegen das von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) für diesen Herbst geplante Tariftreuegesetz wächst die Kritik jetzt auch aufseiten der Unternehmen. Bereits seit Ende Mai verhandeln Regierungsvertreter und Tarifparteien darüber, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in Zukunft nur noch Unternehmen den Zuschlag erhalten sollen, die Tariflohn zahlen.

Gegen das von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) für diesen Herbst geplante Tariftreuegesetz wächst die Kritik jetzt auch aufseiten der Unternehmen. Bereits seit Ende Mai verhandeln Regierungsvertreter und Tarifparteien darüber, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in Zukunft nur noch Unternehmen den Zuschlag erhalten sollen, die Tariflohn zahlen. Die entsprechende Vorlage soll in der kommenden Woche vorgelegt werden, wie ein Teilnehmer der Gespräche sagte.

Unterdessen erhöht sich der Druck auf Müller, seit Einzelheiten der geplanten Vergaberegelung bekannt wurden: Nachdem schon der Koalitionspartner der SPD, die Grünen, Widerstand ankündigte, meldet sich jetzt auch das mittelständische Baugewerbe zu Wort. Über zwei Drittel der mittelgroßen Bauunternehmen lehnen das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung ab, wie aus einer Mitgliederumfrage der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen BVMB hervorgeht: "Selbst bei den tarifgebundenen Unternehmen sind 60 Prozent gegen ein bundesweites Tariftreuegesetz", erklärte der Hauptgeschäftsführer des BVMB, Friedhelm Noss, dem Tagesspiegel. Die Grünen sind von den Gesprächen zum Vergabegesetz ausgeschlossen und kündigten bereits vergangene Woche Zweifel an der geplanten Regelung an. Konkret geht es den grünen Politikern dabei um ordnungspolitische Bedenken und die Streitfrage, ob der Tarif am Ort der Baustelle oder am Ort des Unternehmenssitzes ausschlaggebend für die Auftragsvergabe werden soll. Während sich die Teilnehmer der Arbeitsgruppe im Wirtschaftsministerium Insidern zufolge bereits auf den Tarif am Ort der Baustelle geeinigt haben, fürchten die Grünen um die Benachteiligung ostdeutscher Unternehmer. Einerseits müssten Ost-Unternehmer die Niedriglohnkonkurrenz aus den osteuropäischen Nachbarstaaten fürchten, andererseits drohe ihnen der Verlust von Aufträgen in Westdeutschland, wo sie den zehn Prozent höheren Tariflohn nicht zahlen könnten. Politischer Druck aus den ostdeutschen Bundesländern ist daher ebenfalls zu erwarten. Die Kritik der mittelgroßen Unternehmer zielt in die selbe Richtung wie die der Grünen: "Ein solches Vergabegesetz wäre eine krasse Wettbewerbsverzerrung zulasten der Ostunternehmer", so Noss. Die Unternehmervertreter in der Arbeitsgruppe des Ministeriums allerdings stimmen Müllers Vorschlag weitestgehend zu: "Die Gegner der Tariftreueregelung sollten wissen, dass sich doch längst schon Länder wie Sachsen, Berlin oder Bayern abgeschottet haben", sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Bauindustrie Michael Knipper.

Beim Mittelstand der Baubranche wächst dagegen der Verdacht eines Tarifkartells von Gewerkschaften und dem Bau-Hauptverband: "Die geplante Regelung presst immer mehr Unternehmen ins Tarifkorsett, das die Tarifpartner, die mit am Tisch sitzen, natürlich unterstützen", so Noss. Der BVMB halte die geplante Tariftreueregelung nicht nur wegen "mangelhafter Durchführbarkeit" für verfehlt: "Das zentrale Problem ist nicht Lohnhöhe, sondern sind überhöhte Lohnnebenkosten", sagte Noss. Sein Verbandfordere die Angleichung der Sozialversicherungssysteme auf europäischer Ebene. Innerhalb der Bundesregierung ist bezüglichder Umsetzung des geplanten Gesetzes noch strittig, wer das Gesetz kontrollieren soll: Aus Sicht des Wirtschaftsministeriums fiele die Durchführung und Maßnahmenkontrolle der Tariftreue in den Aufgabenbereich des ebenfalls für Schwarzarbeit zuständigen Arbeitsministeriums. Das Ministerium von Walter Riester allerdings wehrt sich, wie Gesprächsteilnehmer berichten: Es mangele an Kapazitäten und Mitteln.

nd

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