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Wirtschaft: Berlin trägt Kompromiss bei Bahn-Umzug mit

Logistik-Aktivitäten könnten in Hamburg gebündelt werden, wenn der Konzernsitz bleibt / Wolkenkratzer am Kanzleramt geplant

Berlin - Im Streit um die Umzugspläne der Bahn stellt sich das Land Berlin einem Kompromiss nicht in den Weg. „Wir würden gerne den Logistik-Vorstand in Berlin behalten, aber daran soll der Einstieg in Hamburg nicht scheitern“, sagte der Berliner Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch (SPD) dem Tagesspiegel.

Nachdem die Bundesregierung eine Verlagerung des Konzernvorstands nach Hamburg ablehnt, will das staatseigene Unternehmen die Beteiligungen der Hansestadt an der Hamburger Hochbahn und an der Hafengesellschaft HHLA nun übernehmen, ohne den Konzernsitz zu verlagern. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) macht allerdings den Umzug des Konzernsitzes bisher zur Bedingung für den Verkauf der Beteiligungen.

Allerdings könnte Hamburg auch von einer Bündelung der Logistik-Aktivitäten der Bahn an der Elbe stark profitieren. Denkbar ist, dass das für Logistik zuständige Bahn-Vorstandsmitglied Norbert Bensel mit rund 400 Beschäftigten umsiedelt. Auch die Schienengüter-Tochter Railion, deren Verwaltung in Mainz sitzt, und Bereiche der Logistik-Tochter Stinnes etwa im Ruhrgebiet könnten in diesem Modell nach Hamburg wechseln.

Die Bahn ist mit knapp 20 000 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber der Berliner Wirtschaft und Motor der Verkehrstechnikbranche in der Region. Das Land ist nun dabei, die Forderung von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) umzusetzen, der Bahn „attraktive Unterbringungsmöglichkeiten“ anzubieten. „Das Vivico-Gelände am neuen Hauptbahnhof wäre eine sehr gute Alternative. Das Gleisdreieck als Bahn-Standort ist tot“, sagte Staatssekretär Strauch. Berlin will aber nicht zusätzliches Geld in die Hand nehmen. „Ein finanzielles Paket für die Bahn werden wir nicht schnüren können. Auch ein Verkauf der BVG steht nicht an. Aber es ist ja viel wert, wenn wir alle planungsrechtlichen Hürden für einen neuen Konzernsitz aus dem Weg räumen.“

Schon mehrfach war ein neuer Bahn-Tower an dem geplanten Stadtquartier neben dem neuen Hauptbahnhof im Gespräch. Laut Bebauungsplan ist allerdings bisher nur eine Höhe von 100 Metern möglich, während die Bahn 150 Meter anstrebte. Solch ein Wolkenkratzer würde das Stadtbild im Umfeld von Brandenburger Tor, Kanzleramt, Reichstag und Hauptbahnhof sehr viel markanter prägen, als dies der Bahn-Tower mit 103 Metern Höhe am Potsdamer Platz tut. Groß waren die baurechtlichen Hürden ohnehin nicht. Der ehemalige Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) und Bahn-Chef Hartmut Mehdorn verständigten sich bereits vor Jahren darauf, dass die Bahn höher bauen dürfe, wenn dort die Konzernzentrale einziehe. „Die 150 Meter Höhe waren immer unstrittig“, sagte die Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung, Petra Rohland, dem Tagesspiegel am Mittwoch.

Bauherr für den Turm ist der Immobilienentwickler Vivico, der ehemalige Liegenschaften der Bahn verwaltet. Auch die Vivico geht nach Angaben ihres Sprechers Wilhelm Brandt davon aus, dass sie das Haus auf 150 Meter ausrichten darf. Darauf laufen nach Tagesspiegel-Informationen auch die Verhandlungen zwischen der Vivico und der Berliner Verwaltung hinaus. Weil Berlin auf einem anderen Vivico-Gelände, dem Gleisdreieck in Kreuzberg, mehr Grünflächen festlegen wollte, hat der Immobilienentwickler sich einen Turm von bis zu 150 Höhe am Hauptbahnhof zusichern lassen.

Jedenfalls geht das Land Berlin davon aus, dass die Zentrale hier bleibt. „Die Maßgabe, dass der Konzernvorstand in Berlin bleiben soll, kann die Bundesregierung nicht ohne Gesichtsverlust rückgängig machen“, sagte Strauch.

Die Bahn ist bei der Übernahme der beiden Hamburger Unternehmensbeteiligungen außerdem nicht ohne Konkurrenz. Das Dortmunder Logistik-Unternehmen Rhenus teilte am Mittwoch mit, man interessiere sich sowohl für eine Beteiligung an der Hamburger Hochbahn als auch an der HHLA. Rhenus hat fast 6000 Mitarbeiter. Ein Sprecher sagte dem Tagesspiegel, man sei schon seit längerem an den Hamburger Unternehmen interessiert. Außerdem gebe es bereits ein Kooperationsunternehmen mit der HHLA im Hafenhinterlandverkehr. Im Schienenregionalverkehr sei Rhenus über eine Tochter aktiv. Auch in Norddeutschland habe man an Ausschreibungen teilgenommen, die Strecken aber teilweise an die Hamburger Hochbahn verloren. „Wir wollen natürlich nicht, dass diese Strecken jetzt wieder an die Deutsche Bahn zurückfallen“, sagte der Sprecher. Ein konkretes Angebot werde Rhenus aber noch nicht abgeben. Dafür sei eine Ausschreibung nötig, in der die genauen Bedingungen zu erfahren wären.

Zuletzt hatten bereits die Verkehrsunternehmen Connex und Abellio ihr Interesse an der Hochbahn erklärt. Abellio kritisierte das bisherige Verfahren als „nicht wettbewerbskonform“.

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