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Vitalia: Berliner Banker wird Bio-Unternehmer

Sein bester Kunde wird Harald Christ sicher nicht. "Ich ernähre mich nicht gesund – da mache ich mir nichts vor." Trotzdem hat der Berliner Ex-Banker und Multimillionär die Mehrheit bei der Reformhauskette Vitalia übernommen.

Über die Finanzgesellschaft Innovation Codes gehören ihm und seinem Partner Paul Vorsteher nach Angaben vom Mittwoch künftig 51 Prozent des Unternehmens mit 120 Filialen, davon 18 in Berlin. Den Jahresumsatz gibt er mit mehr als 80 Millionen Euro an – profitabel sei die Kette auch.

Trotzdem geriet Vitalia in Not, als sich die britische Großbank HSBC zurückzog und sich kein anderer Kreditgeber fand. Daneben spielt bei Christs Einstieg aber auch eine Rolle, dass der 65-jährige Gründer Bernd Büttner – vor gut 40 Jahren hat er den ersten Laden in München eröffnet – einen Nachfolger suchte. Der 37-jährige Christ hat sein Vermögen beim Hamburger Finanzdienstleister HCI gemacht, zwischenzeitlich war er Generalbevollmächtigter der Berliner Weberbank, die er auf eigenen Wunsch nach nur wenigen Monaten verließ. „Ich brenne darauf, wieder unternehmerisch tätig zu sein“, sagt er. „Reformhäuser stehen für Nachhaltigkeit. Das ist eine tolle Branche.“

Christ plant nun eine schnelle Expansion der Kette: Binnen fünf Jahren soll die Zahl der Filialen sich auf 240 verdoppeln. Die meisten liegen bisher in Bayern, künftig soll es Vitalia auch in der Mitte und im Norden Deutschlands geben. Auch die Präsenz in Österreich – dort ist Vitalia mit vier Filialen vertreten – soll wachsen. Rund 800 Mitarbeiter zählt die Kette, davon rund 100 in Berlin.

Der Unternehmenssitz samt Logistikzentrum bleibt in Weyarn bei München, aber Berlin bekommt eine Niederlassung – und Christ bleibt der Hauptstadt mit erstem Wohnsitz erhalten. Allerdings lässt er sein Hausprojekt auf Schwanenwerder vorerst ruhen und hat stattdessen bereits ein Zweitappartement in München bezogen. „Meine berufliche Perspektive hat sich verändert. Ich werde jetzt viel unterwegs sein. Da brauche ich kein Haus am Wannsee.“

Christ macht die Banken für die Schwierigkeiten bei Vitalia verantwortlich. „Wenn wir – die Unternehmer und der Staat – bei der jetzt akuten Kreditklemme nicht pragmatisch und schnell eingreifen, droht der Blutkreislauf der deutschen Wirtschaft ins Stocken zu geraten.“ Diesen Satz will Christ aber nicht falsch verstanden wissen: Ausdrücklich bemühe er sich nicht um Geld aus dem staatlichen Deutschlandfonds, der Bürgschaften und Kredite für Unternehmen bereitstellt, die durch die Finanzkrise in Not geraten sind. An einen Börsengang sei ebenfalls nicht gedacht.

Christ hatte zeitweise erwogen, für die Weberbank mitzubieten, die inzwischen von der WestLB an die Mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS) ging. Neben seinen wirtschaftlichen Aktivitäten zeigte er auch Interesse an der politischen Bühne. Seit seiner Jugend ist er in der SPD aktiv und zeigte nach seinem Wechsel von Hamburg nach Berlin zunächst Ambitionen. Doch den Job des Finanzsenators lehnte er dann vorauseilend ab, und so bleibt es vorerst bei seiner Rolle als wirtschaftspolitischer Berater für SPD-Politiker. Moritz Döbler

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