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Beruf: Kind oder Karriere

In Deutschland haben Frauen schlechte Karrierechancen: nur selten erreichen sie Führungspositionen - und wenn, verdienen sie weniger Geld als ihre männlichen Kollegen.

Berlin - „Die Wirtschaft und die Politik sind jetzt gefordert, dies zu ändern“, sagte Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gestern in Berlin.

In einer groß angelegten Studie hat Holst untersucht, wie viele Frauen es in der deutschen Privatwirtschaft in Führungspositionen schaffen. „Die Ergebnisse sind ernüchternd“, sagt die Wissenschaftlerin. Von den rund sechs Millionen Führungskräften in Deutschland war 2007 nur jede Vierte eine Frau. Dazu kommt, dass die wenigen Frauen in gehobenen Positionen rund ein Viertel weniger verdienen als Männer mit vergleichbaren Jobs: ihr monatlicher Verdienst liegt im Durchschnitt bei 3 700 Euro, der der Männer bei 4 800 Euro.

Ganz oben wird die Luft noch dünner: Je höher eine Position ist, desto seltener wird sie durch eine Frau ausgeübt. So stellen Frauen weniger als zwei Prozent der Unternehmensvorstände. „Die Schaltzentrale der deutschen Wirtschaft ist fest in Männerhand“, sagt Holst.

Dabei hatte die Bundesregierung 2001 mit der Wirtschaft vereinbart, das Problem anzugehen. Die damalige Familienministerin Christine Bergmann bezeichnete das Abkommen dereinst als „Durchbruch für die Chancengleichheit“ von Frauen. „Heute sehen wir, dass die Vereinbarung nichts gebracht hat“, sagt Holst. Die Rahmenbedingungen seien nach wie vor unzureichend. „Wenn Frauen eine Familie gründen wollen, ist das für ihre Karriere häufig fatal.“

In einer Studie der Europäischen Union (EU) zu Frauen im Management liegt Deutschland zwar knapp über dem EU-Durchschnitt, aber deutlich hinter den anderen großen Nationen. Spitzenreiter ist Frankreich. Dort sind 38 Prozent der Manager Frauen. „In Frankreich zahlt sich aus, dass es eine stark ausgebaute Ganztagsbetreuung für Kinder gibt“, sagt Holst. Dahinter stehe auch eine positivere Einstellung gegenüber Frauen im Beruf. „Dort setzt man auf Vielfalt in der Führung. In Deutschland denken Personalchefs noch zu sehr in Stereotypen: ein Chef muss Härte und Rationalität zeigen, also muss es ein Mann sein.“ So seien nicht nur strukturelle Änderungen, sondern auch ein Wandel der Mentalität vonnöten.

Einen Mentalitätswandel mahnt auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) an. „Es stimmt, dass veraltete Rollenbilder ein Problem sind“, sagte eine Sprecherin zum Tagesspiegel. Dies gelte aber nicht nur für die Arbeitgeber, sondern auch für potentielle Nachwuchskräfte. „Wir wollen ja mehr Frauen, etwa in technischen Berufen. Aber es bewerben sich eben zu wenige.“ Johannes Schneider

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