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Osteuropa ist beliebt. In Polen und Ungarn warten Zahnärzte auf deutsche Kunden. Probleme kann es aber dann geben, wenn die Behandlung nicht in Ordnung war und man reklamiert.

© picture-alliance / gms

Zahnersatz: Billigware aus Polen

Implantate kosten im Nachbarland die Hälfte, die Kassen zahlen. Viele Berliner nutzen das Angebot.

Zahnarztbesuche machen selten Spaß. Als Kind hat man Angst vorm Bohren und als Erwachsener fürchtet man sich vor der Rechnung. Deshalb schaut sich jeder zehnte Berliner im Ausland nach einer günstigeren Behandlung um, sagt die Berliner Zahnärztekammer. Berliner, die sparen wollen, müssen gar nicht weit fahren.

Direkt an der deutsch-polnischen Grenze steht die Dental Clinica in der Kleinstadt Slubice, gegenüber von Frankfurt/Oder. Mit dem Auto ist die Klinik in gut einer Stunde von Berlin aus erreichbar. Deutsche sind dort die häufigsten ausländischen Patienten. Seit fast zwanzig Jahren führt der Berliner Jochen Frank die Klinik. 81 Jahre alt ist der Dentist und denkt inzwischen daran, den Chefposten bald abzugeben. Davor hat Frank Deutsche im Urlaubsland Spanien behandelt, doch über den Umzug nach Polen ist er sehr glücklich. Die Geschäfte gingen dort noch besser, und es sei nicht so heiß. An seinem Heimatland lässt er kein gutes Haar. „Viel zu viele in Deutschland wollen mitverdienen, die Löhne und die Steuern sind viel zu hoch.“

Von der Krone bis zum Implantat: Die Preise bewegen sich zwischen einigen hundert und mehreren tausend Euro. Schon ein einzelnes Implantat kann über 2000 Euro kosten. Wer große Teile seines Gebisses austauschen lassen muss, zahlt in etwa so viel wie für einen Kleinwagen. Besonders Kassenpatienten müssen draufzahlen, da die gesetzlichen Krankenkassen nur niedrige Festzuschüsse von knapp 350 Euro beisteuern. Bei Jochen Frank in Slubice kostet das Implantat die Hälfte.

Spricht irgendetwas dagegen, am Wochenende oder im Urlaub nach Polen zu fahren und sich dort die Zähne machen zu lassen? „Prinzipiell kann man das machen“, sagt Dörte Elß von der Verbraucherzentrale Berlin. Bei teuren Eingriffen – etwa bei Implantaten – lohne sich der Weg ins Ausland, meint die Verbraucherschützerin, „für eine einzelne Krone würde ich es aber nicht machen.“ Denn neben den Behandlungskosten sollte man auch immer die Reisekosten im Auge behalten.

Wer gesetzlich versichert ist, kann allerdings nicht einfach mit der Versichertenkarte in der Hand über die polnische Grenze fahren und sich dort so behandeln lassen, als wäre es der Besuch beim Zahnarzt nebenan. Die Kasse verlangt auch im Ausland für Zahnersatz vorab einen Heil- und Kostenplan, in dem aufgeführt ist, welche Behandlung durchgeführt werden soll und was sie kostet – und zwar auf Deutsch. Ein Plan auf Englisch oder Polnisch ist nicht zulässig. Laut Elß sind polnische Ärzte in der Grenzregion aber darauf eingestellt und füllen die entsprechenden Formulare auch auf Deutsch aus.

Problematisch wird es aber, wenn bei der Behandlung etwas schiefläuft. Wenn das Implantat nicht richtig sitzt, muss der Arzt nachbessern. In Deutschland erhält der Patient dafür im Notfall Hilfe von der Krankenkasse. Bevor man sich in einen teuren Rechtsstreit stürzen muss, kann ein Gutachter der Krankenkasse den Fall klären. Stellt der Gutachter fest, dass der behandelnde Arzt gepfuscht hat, muss sich dieser an das Gutachten halten.

Im Ausland hilft die Kasse dabei nicht. Ist dort bei der Behandlung etwas schief- gelaufen und der Arzt will nicht nachbessern, kann es für den Patienten happig werden. Denn wenn er in einem solchen Fall zu einem deutschen Arzt geht, wird dieser in der Regel eine Nachbesserung verweigern, also etwa eine Füllung nicht nachschleifen, sondern darauf bestehen, die gesamte Prozedur erneut selbst durchzuführen. Ein Grund dafür sei, dass der deutsche Arzt fürchten müsse, für die Fehler des Kollegen haftbar gemacht zu werden, sagt Elß.

Muss man für eine günstige Behandlung immer ins Ausland fahren? Nein, auch deutsche Ärzte können eine Alternative zum Auslandsbesuch sein, nämlich dann, wenn sie mit ausländischen Laboren kooperieren. Etwa ein Fünftel der Berliner Ärzte macht dies inzwischen. Dann wird der Zahnersatz zum Beispiel in China oder Polen hergestellt und nach Deutschland geschickt. Jochen Frank beliefert Berliner Zahnärzte inzwischen aber nicht mehr, das Labor sei einfach ständig belegt, sagt er.

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