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Wirtschaft: Börsen feiern Staatshilfen

Die Aussicht auf ein Notpaket der USA lässt die Kurse steigen. Experten warnen vor neuen Schulden

Berlin/New York - Große Erleichterung an den internationalen Finanzmärkten: Mit massiven Aktienkäufen haben Anleger in den USA, Asien und Europa am Freitag auf die Ankündigung der US-Regierung reagiert, ein umfangreiches Rettungspaket für die Finanzbranche zu schnüren. „Es kehrt ein Stück Vertrauen in die Märkte zurück“, sagte Analyst Olaf Kayser von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, begrüßte die US-Rettungspläne. Sie seien sehr willkommen, sagte Trichet am Rande einer Veranstaltung in Frankfurt am Main. Überschattet war die Erleichterung über die Erholung an den Börsen jedoch durch neue Meldungen, nach denen nicht nur die Staatsbank KfW sondern auch zahlreiche Landesbanken Ausfälle in dreistelliger Millionenhöhe durch die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers hinnehmen müssen.

An den Börsen herrschte dagegen Zuversicht. Angeführt von zweistelligen Kursgewinnen der Bankaktien (siehe Kasten) kletterte der Dax vorübergehend um bis zu sechs Prozent. Der Börsenwert der 30 enthaltenen Werte stieg damit an einem Handelstag um mehr als 40 Milliarden Euro. Der Dow-Jones-Index gewann bereits in den ersten Handelsminuten 400 Punkte und ging am Schluss mit einem Plus von über drei Prozent aus dem Handel.

Weltweit pumpten die Notenbanken erneut Milliarden zur Stabilisierung in den Markt. Die US-Notenbank hat die Bankenbranche bisher mit insgesamt 357 Milliarden Dollar unterstützt und damit mehr als ein Drittel ihrer Reserven aufgebraucht. Im Euro-Raum war die Nachfrage der Banken nach den EZB-Dollars aber am Freitag etwas geringer als am Vortag.

Mit hunderten von Milliarden Dollar will die US-Regierung Risiken der Banken übernehmen. Einzelheiten wollen Regierung und Kongressführer am Wochenende ausarbeiten. Der Plan muss dann vom Kongress abgesegnet werden. „Wir hoffen, sehr schnell voranzukommen“, sagte die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Die US-Regierung richtet unter anderem ein Einlagensicherungssystem für Geldmarktfonds ein, zudem will sie faule Kredite der Banken übernehmen und verschärft gegen Spekulanten vorgehen. Letzteres tut jetzt auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin. Sie untersagte am Freitag abend Leerverkäufe von elf Finanzaktien, darunter Allianz, Commerzbank und Deutsche Bank. Damit soll verhindert werden, dass Spekulanten Finanzunternehmen in den Untergang treiben. Bei Leerverkäufen spekulieren Investoren auf fallende Kurse (siehe Artikel unten). Auch auf EU-Ebene werden die Kontrolleure aktiv. Der Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden CESR teilte am Freitag mit, er koordiniere Maßnahmen gegen Leerverkäufe.

Nach Einschätzung von Volkswirten stellen die Rettungsmaßnahmen der Regierung aber ein großes Risiko für den US-Haushalt dar und könnten die Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Die Pläne bedeuteten eine erhebliche Gefahr für die Verschuldung der USA, sagte Chef-Analyst Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank: „Angesichts eines Staatsdefizits im laufenden Haushaltsjahr von bereits 640 Milliarden US-Dollar oder vier Prozent der Wirtschaftsleistung birgt der Rettungsplan fiskalische Gefahren nicht überschaubaren Ausmaßes.“ Auch der Präsident des Ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, zeigte sich extrem besorgt. „Ich glaube, keine andere Phase der Weltwirtschaft war ähnlich gefährlich wie das, was wir hier erleben.“

Weitere Berichte unter anderem zur Krise der Landesbanken auf Seite 18

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