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Wirtschaft: Bund zweifelt an Bahn-Börsengang

Minister Tiefensee will eine schnelle Entscheidung. „Im Extremfall“ werde dann nicht privatisiert

Berlin – Die Bundesregierung hat den Börsengang der Bahn infrage gestellt. Es lägen jetzt alle Fakten auf dem Tisch, bereits in den nächsten Tagen solle die Grundsatzentscheidung fallen, sagte Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) am Dienstag bei einer Veranstaltung der Berliner Industrie- und Handelskammer. „Die kann im Extremfall bedeuten, dass es keine Teilprivatisierung gibt.“ Möglich sei, „dass der integrierte Konzern, so wie er jetzt existiert, fortgeschrieben wird.“ Dann müssten der Bahn andere Möglichkeiten eröffnet werden, um ihr Kapital aufzustocken, sagte Tiefensee und deutete damit die Möglichkeit einer staatlichen Kapitalerhöhung an.

Es seien noch zwei Modelle in der Diskussion, sagte der Minister weiter. Die Fachleute von Regierung und Parlament streiten derzeit darüber, ob die Bahn mit Schienennetz oder ohne privatisiert wird. Während die Union die Gleise dem Staat übereignen will, strebt die SPD danach, der Bahn nur das wirtschaftliche Eigentum an der Infrastruktur zu überlassen – das juristische soll indes der Bund bekommen. Dieses Konstrukt gilt jedoch als rechtlich nicht wasserdicht.

Bei einem weiteren Treffen am 8. November wollen die Experten eine Einigung finden. Auf dieser Grundlage soll dann der Bundestag eine Grundsatzentscheidung über die Bahn-Privatisierung fällen. In den Parteien gibt es aber Skepsis, ob überhaupt ein Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Vorstellungen denkbar ist. Auch über ein mehrmonatiges Moratorium für die Privatisierung wird gesprochen – dann wäre ein Börsengang in dieser Wahlperiode nicht mehr möglich. SPD-nahe Kreise rechnen jetzt mit einem Scheitern der Gespräche. „Die Sache wird vermutlich platzen“, erfuhr der Tagesspiegel. „Wir sehen nicht, dass sich die Union noch bewegt.“ Sie fokussiere sich allein auf Privatisierungsmodelle, nicht aber auf die verkehrspolitischen Chancen, die eine Bahn-Privatisierung biete, oder darauf, wie der Konzern wettbewerbsfähiger gemacht werden könne.

Offiziell will in der Union noch niemand das Aus für den Börsengang erklären. Vize-Fraktionschef Hans-Peter Friedrich will alle Möglichkeiten zur Verhandlung ausschöpfen. „Wir werden die Gemeinsamkeiten mit der SPD festhalten und fixieren“, sagte er zum geplanten Gipfeltreffen. Wenn man sich in der Koalition noch einige, könne die Bahn Ende 2008 an die Börse gehen. Der CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer sagte indes, er sehe „die Brücke für einen Kompromiss mit der SPD noch nicht“. Uwe Beckmeyer von der SPD forderte ein Einlenken. „Die Union darf nicht immer nur auf der Bremse stehen.“ Damit werde sie ihrer Verantwortung als Regierungspartei nicht gerecht. Zudem brauche die Bahn frisches Kapital für neue Aufgaben – das gehe am besten durch einen Börsengang.

Auch ohne Privatisierung könne die Bahn an Geld kommen, sagte der CDU-Mann Fischer. „Wenn der Börsengang scheitert, kann Mehdorn ja auch 50 Prozent der Gütersparte Schenker an die Börse bringen“, schlug er vor. Dann behalte die Bahn die unternehmerische Führung, bekomme aber drei Milliarden Euro in die Kasse. „Aus dem Bundeshaushalt wird die Bahn jedenfalls keine Verstärkung für ihr Eigenkapital bekommen.“

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