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Kistenschlacht. Die Staatsschuldenkrisen in Europa und Amerika dürften der deutschen Exportwirtschaft zusetzen. Die Binnenkonjunktur ist laut Bundesbank aber intakt. Foto: dpa

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Wirtschaft: Bundesbank macht Mut

Währungshüter erwarten keine Rezession / Kriegsende in Libyen könnte Spritpreis drücken

Berlin - Die Börsen fahren Achterbahn, das Wachstum in Deutschland und der Welt schwächt sich ab – die Bundesbank rechnet aber trotzdem nicht mit einer Rezession. „Die konjunkturelle Grundtendenz der deutschen Wirtschaft bleibt aus derzeitiger Sicht in der zweiten Jahreshälfte weiter aufwärtsgerichtet, dürfte sich aber etwas verlangsamen“, schreibt die Deutsche Bundesbank in ihrem August-Monatsbericht, den sie am Montag vorlegte. Der offenbar nahe Sieg der libyschen Opposition nährt zudem die Hoffnung auf sinkende Ölpreise – das könnte der Wirtschaft Impulse geben.

Zwar könnten das Auf und Ab an den Finanzmärkten sowie die Staatsschuldenkrise die Entwicklung bremsen. Denn die Binnenkonjunktur sei weiterhin „sehr gefestigt“ aufgrund der hohen Unternehmensinvestitionen und der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt. Damit sei weiterhin in diesem Jahr ein Wachstum von 3,0 Prozent möglich. Allerdings gebe es Unsicherheit über die weitere Entwicklung der US-Wirtschaft und über Ermüdungstendenzen in den Schwellenländern.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) befürchtet keine Rezession in Deutschland. „Es gibt eine gewisse Dämpfung überzogener Erwartungen, aber es gibt keine Anzeichen für eine Rezession“, sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Derzeit spreche alles dafür, dass in diesem Jahr immer noch drei Prozent Wachstum erreicht werden: „Das heißt, wir liegen über dem, was Anfang des Jahres vorhergesehen war.“

Zwischen April und Ende Juni war die deutsche Wirtschaft nur um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen. Zu Jahresanfang hatte das Quartalsplus noch bei 1,3 Prozent gelegen. Nach Ansicht der Bundesbank folgt aus der schwächeren Dynamik im zweiten Quartal nicht, dass die Konjunktur schwächelt – vielmehr normalisiere sich die Lage. Deutsche-BankChefvolkswirt Thomas Mayer rechnet damit, dass die großen Unternehmen die Abkühlung der Weltwirtschaft besonders zu spüren bekommen. „In Deutschlands exportorientierter Industrie wird das Spuren hinterlassen“, erwartete er. Mayer senkte seine Wachstumsprognose für dieses Jahr von 3,3 auf 2,8 Prozent. 2012 veranschlagt er statt 2,0 Prozent nur noch 0,8 Prozent.

Ein sinkender Ölpreis könnte allerdings dazu führen, dass das Klima für die Unternehmen freundlicher wird. Die Hoffnungen auf eine billigere Versorgung wachsen mit den Erfolgen der Aufständischen in Libyen, das vor dem Krieg für Deutschland der fünftwichtigste Lieferant des Rohstoffs war. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) Erdöl der Nordseesorte Brent sank am Montag in London um 1,69 Dollar auf 107,53 Dollar. Im frühen Handel war der Preis zeitweise auf 105,15 Dollar gefallen. Das Öl aus Libyen ähnelt in der Zusammensetzung dem des Öls aus der Nordsee. Nach Einschätzung von Rohstoffexperten könnte es allerdings bis zu einem Jahr dauern, bis Libyen wieder so viel Öl exportiert wie vor dem Konflikt. Zahlreiche Förder- und Verladeanlagen sind zerstört. Gleich zu Beginn der Auseinandersetzungen hatte der Ölpreis angezogen. Libyen belegte unter Diktator Muammar el Gaddafi laut Internationaler Energieagentur Platz 17 der weltgrößten Ölförderländer.

Womöglich werden auch die deutschen Autofahrer von einer Beruhigung der Lage profitieren. Eine Wiederaufnahme der Lieferung „könnte die Preissituation an den Tankstellen entspannen“, sagte eine Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbandes. Dies setze allerdings voraus, dass keine anderen Ereignisse preistreibend wirken. Hintergrund: Nicht nur der Rohölpreis, sondern auch andere Faktoren beeinflussen den Benzinpreis an den Zapfsäulen. mit AFP

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