zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Clever, Herr Kovacs!

Von einem Politiker, der einst Politbüromitglied war, dann einen nahtlosen Übergang ins postkommunistische Ungarn bewerkstelligte und schließlich erster EUKommissar seines Landes werden konnte, erwartet man ein gewisses Geschick. Doch der Vorschlag zur Steuerharmonisierung, den Laszlo Kovacs am Mittwoch vergangener Woche unterbreitete, war ein besonders cleverer Schachzug.

Von einem Politiker, der einst Politbüromitglied war, dann einen nahtlosen Übergang ins postkommunistische Ungarn bewerkstelligte und schließlich erster EUKommissar seines Landes werden konnte, erwartet man ein gewisses Geschick. Doch der Vorschlag zur Steuerharmonisierung, den Laszlo Kovacs am Mittwoch vergangener Woche unterbreitete, war ein besonders cleverer Schachzug.

„Steuerharmonisierung“ ist seit langem ein Codewort für den Versuch von Ländern wie Frankreich und Deutschland, dem übrigen Europa ihre veralteten und verfehlten Systeme aufzudrängen. Der französische Präsident Jacques Chirac und der scheidende Bundeskanzler Gerhard Schröder versuchen seit geraumer Zeit, die Steuersätze in Europa zu harmonisieren, um das, wie sie es nennen, „Steuerdumping“ zu unterbinden, insbesondere seitens der neuen osteuropäischen Mitgliedsländer, von denen mehrere mit großem Erfolg eine Flat-Tax eingeführt haben. Doch Steuerangelegenheiten fallen unter nationale Souveränität, und eine Harmonisierung würde Einhelligkeit unter den Regierungen erfordern.

Da das nicht zu erreichen ist, wandten Frankreich und Deutschland sich der zweitbesten Option zu und unterstützten den Ruf der EU-Kommission nach einer Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen. Auch dafür wäre Einstimmigkeit erforderlich, doch da es ein sehr viel vernünftigerer Vorschlag ist, könnte er leichter zu verkaufen sein.

Unternehmen, die europaweit operieren, die Möglichkeit zu eröffnen, ihre zu versteuernden Profite nach einheitlichem Standard berechnen zu können, würde ihre Verwaltungskosten reduzieren. Das Problem ist, dass damit ein gefährlicher rechtlicher Präzedenzfall geschaffen werden könnte, um schließlich auch die Steuersätze zu harmonisieren – auch ohne Einstimmigkeit.

Das ist höchstwahrscheinlich der wahre Grund, weshalb Frankreich und Deutschland diese Idee unterstützen, und ganz gewiss der Grund, weshalb Länder, die zu Recht auf der Hut sind vor weiteren Eingriffen der Brüsseler Bürokratie, sie ablehnen – darunter Großbritannien, Irland und neue Mitglieder wie Estland und die Slowakei.

Um dieses Problem zu vermeiden, schlug der Ungar Laszlo Kovacs vor, dass jene Länder, die die Idee unterstützen, einfach freiwillig vorangehen sollten. Recht und billig. Doch der wirklich clevere Teil der neuen Initiative des Kommissars erfolgte mit der ausdrücklichen Nennung, welche Art von Bemessungsgrundlage ihm vorschwebte. Laut Kovacs werde die Kommission ihren Vorschlag wahrscheinlich nach dem slowakischen Unternehmenssteuersystem gestalten, wo vergangenes Jahr die Flat-Tax eingeführt wurde. Mit diesem eleganten Schachzug hat der Kommissar die Flat-Tax quasi durch die Hintertür eingeführt, zumindest für Unternehmen.

Das bringt Paris und Berlin in eine unbequeme Position. Nachdem beide Regierungen lange Zeit eine solche Harmonisierung verlangt hatten, wird es schwierig für sie, jetzt dagegen zu argumentieren. Paris und Berlin müssen jetzt entscheiden, ob sie wirklich eine solche Harmonisierung wollen. Saubere Arbeit, Herr Kovacs.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false