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Protest im ICC. Einige der rund 5000 Daimler-Aktionäre demonstrierten am Mittwoch gegen die Rüstungsgeschäfte des Konzerns. Daimler-Chef Dieter Zetsche kündigte an, das Unternehmen werde seine Geschäfte mit dem Iran deutlich reduzieren.

© AFP

Daimler: Aktionäre ärgern sich über die Allianz mit Renault

Daimler-Chef Zetsche im laufenden Jahr viel vor. Sein Konzern soll schneller wachsen als der Automarkt, sogar doppelt so schnell. Den Zorn der Aktionäre über die jüngsten Entscheidungen aus Stuttgart bremst das kaum.

Daimler setzt sich nach einem Milliardenverlust im vergangenen Jahr äußerst ehrgeizige Ziele für 2010. „Wir wollen etwa doppelt so schnell wachsen wie der globale Pkw-Markt“, sagte Vorstandschef Dieter Zetsche am Mittwoch bei der Hauptversammlung in Berlin. Daimler rechnet damit, dass der Weltautomarkt in diesem Jahr um drei bis vier Prozent zulegen wird.

Die Gründe für seine optimistische Prognose sieht Zetsche in den guten Absatzzahlen im ersten Quartal. Zwischen Januar und März hatte sich die Marke Mercedes-Benz weltweit um 27 Prozent besser verkauft als im gleichen, sehr schwachen Vorjahreszeitraum. Zetsche bekräftigte das Ziel, 2010 ein Betriebsergebnis (Ebit) von 2,3 Milliarden Euro zu erzielen, wobei in allen Geschäftsfeldern Geld verdient werden soll.

Angesichts eines Absatzminus von 14 Prozent und eines Fehlbetrags von 2,6 Milliarden Euro im Gesamtjahr 2009 äußerten Aktionärsvertreter allerdings Zweifel, ob Daimler Konkurrenten wie Audi oder BMW davonfahren kann. Die beiden Wettbewerber hatten 2009 einen Gewinn erwirtschaftet. Rund 5000 Aktionäre des Stuttgarter Autobauers waren am Mittwoch ins Berliner ICC gekommen. Insbesondere die vor einer Woche bekannt gegebene Kooperation mit Renault-Nissan, die überraschend gestrichene Dividende für 2009 und die vergleichsweise schleppende Reduzierung des Flottenverbrauchs stießen bei den Aktionären auf teils scharfe Kritik. Beifall erhielt Zetsche hingegen für eine politische Entscheidung: Daimler wird seine Geschäfte im und mit dem Iran deutlich reduzieren.

„Wir brauchen endlich Vorhersagen des Daimler-Vorstands, die auch eintreten“, forderte Jens Labryga von der Schutzvereinigung für Kapitalanleger (SdK), die sich gegen die Entlastung des Vorstands aussprach. Wie andere Aktionärsvertreter auch kritisierte Labryga die völlig überraschend im Februar bekannt gegebene Streichung der Dividende. Daimler schüttet zum ersten Mal seit 14 Jahren nichts an seine Aktionäre aus. Die Aktie war am Tag der Bekanntgabe der Jahresergebnisse um bis zu zehn Prozent abgestürzt. „Daimlers Auftreten am Kapitalmarkt wirkt glücklos“, sagte Henning Gebhardt von der Fondsgesellschaft DWS, einer Tochter der Deutschen Bank. Der Vorstand sei offensichtlich verunsichert. „Wo will Daimler eigentlich hin? Warum gibt es keinen Leitsatz?“, fragte Gebhardt.

Als „Notgeburt“ wurde die Kooperation mit der französisch-japanischen Renault-Nissan-Gruppe bezeichnet, mit der Daimler im Kleinwagensegment Fuß fassen will. Die Zusammenarbeit sei das „böse Eingeständnis, dass Daimler mit dem Projekt eines eigenen Premium-Kleinwagens gescheitert ist“, sagte SdK-Sprecher Labryga. Die Kooperation sei zwar besser als ein Alleingang, Daimler könne wichtige Zukunftsfelder aber offenbar „nur im Gefolge Dritter besetzen“, kritisierte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment. Insbesondere bei der Reduzierung der CO2-Emissionen fahre der Konzern der Konkurrenz hinterher. „Es ist höchste Zeit, schneller zu handeln“, sagte Speich. Daimler habe die Technologieführerschaft noch nicht wiedererobert. Der Stuttgarter Hersteller hatte den durchschnittlichen CO2-Ausstoß seiner Pkw-Neuzulassungen 2009 nach eigenen Angaben in Europa auf 160 Gramm pro Kilometer reduziert. Laut Kraftfahrtbundesamt lag der Wert für die Neuzulassungen in Deutschland bei 170 Gramm, BMW kam auf 156 Gramm. Speich warnte vor erheblichen Ergebnisbelastungen, wenn Daimler die strengen Umweltnormen der EU ab 2015 nicht einhalte. „Auf das Unternehmen kommen allein in Europa Strafzahlungen von bis zu 800 Millionen Euro zu“, sagte Speich.

Zetsche hatte in seiner Rede gesagt, Daimler wolle wie beim Thema Sicherheit Technologieführer bei der Schadstoffreduzierung und alternativen Antrieben werden. „Ich garantiere Ihnen: Wenn alternative Antriebe in einigen Jahren in Großserie gehen, werden wir einen Vorsprung vor dem Wettbewerb haben.“ Der Daimler-Chef verwies in diesem Zusammenhang auf die neue Generation von Elektromotoren für Hybridfahrzeuge, die ab 2010 im Berliner Werk in Marienfelde produziert werden soll. Daimler habe in Berlin dafür insgesamt 20 Millionen Euro investiert.

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