zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Das Anwaltsmonopol wackelt

Bundesjustizministerin Zypries will das Rechtsberatungsgesetz lockern

Berlin – Die Rechtsschutzversicherer wollen künftig ihre Kunden selbst rechtlich beraten und das Beratungsmonopol der Anwälte lockern. „Bagatellfälle könnten wir heute schon selbst erledigen, schwierigere und damit lukrativere Fälle sollen auch weiterhin von den Anwälten übernommen werden“, sagt Klaus Heiermann, Sprecher der Arag-Rechtsschutzversicherung. Im neuen Rechtsberatungsgesetz, über das Anwälte, Versicherer, Wohlfahrtsverbände und das Bundesjustizministerium derzeit diskutieren, will die Versicherungsbranche das Recht eingeräumt bekommen, ihren Kunden zumindest eine juristische Erstberatung anzubieten. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) ist davon nicht begeistert. Die Ministerin hält den Vorstoß der Versicherer für „nicht opportun“.

Bis zum Deutschen Juristentag im September will Zypries „Eckpunkte“ des neuen Gesetzes vorlegen. Klar ist aber schon jetzt: Nach dem Willen der Ministerin sollen zumindest im außergerichtlichen Bereich künftig mehr Stellen Rechtsrat geben dürfen als bisher. Derzeit dürfen in Deutschland neben den Anwälten nur Verbraucherzentralen, Mieterberatungsstellen, Gewerkschaften und Schuldnerberatungsstellen Rechtsberatungen durchführen – und das auch nur mit Einschränkungen. Die Ministerin will künftig auch karitativen Vereinigungen erlauben, unentgeltlich Rechtsrat zu erteilen.

Die Rechtsschutzversicherer sollen dagegen weiter außen vor bleiben. Dahinter steckt die Skepsis, dass die Versicherer ihre Kunden nicht objektiv über die Erfolgsaussichten eines Prozesses informieren, um Kosten zu sparen. „Die Rechtsschutzversicherer verfolgen eigene Interessen“, gibt auch Bernd Häusler, Vizepräsident der Berliner Rechtsanwaltskammer, zu bedenken.

Den Vorwurf, Klagen abzuwiegeln, wollen die Versicherer aber nicht auf sich sitzen lassen. „Das können wir uns nicht leisten“, sagt Heiermann. Denn die Branche steht vor enormen Problemen. Zwar haben immer noch 40 Prozent der deutschen Haushalte eine Rechtsschutzversicherungspolice, doch die Prämien werden bald kräftig steigen. Der Grund: Am 1. Juli tritt ein neues Vergütungsgesetz für Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren in Kraft, das die Kosten der Rechtsschutzversicherer in die Höhe treiben wird. Kein Wunder, dass die Unternehmen gern einen Teil der Anwaltshonorare sparen wollen, indem sie ihre Versicherten selbst beraten. Außerdem diene das der Kundenbindung, meint Heiermann. „Die Kunden können nicht verstehen, dass sie jahrelang für ihre Police zahlen, dann aber die Volljuristen bei ihrer Versicherung nicht um Rat fragen dürfen“, kritisiert der Arag-Sprecher.

Die Anwaltschaft sieht das anders. Die Anwälte müssten hohe standesrechtliche Anforderungen erfüllen, betont Bernd Häusler von der Berliner Rechtsanwaltskammer. Sie seien unabhängig, zur Verschwiegenheit verpflichtet und dürften keine widerstreitenden Interessen verfolgen. Wohlfahrtsverbände und Versicherungen würden das nicht garantieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false