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Schön bunt war die Bühne auf dem Münchener Messegelände, auf der unter anderem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und die VDA-Präsidentin Hildegard Müller die neue Autoshow präsentierten.

© dpa

Die neue Automesse IAA in München: "Das Davos der Mobilität"

Feierstunde auf dem Münchener Messegelände: Politik und Autoverband präsentieren das Konzept der neuen Mobilitätsmesse.

Wenn Marketingleute loslegen, klingen selbst Politikern manchmal die Ohren. Messen sind Marketinginstrumente, und die wichtigste Messe in Deutschland ist die Internationale Autoshow IAA. Am Mittwoch wurde das Konzept der neuen IAA mit so viel Tamtam in München vorgestellt, dass der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) anschließend anerkennend einräumte, er hätte nach der Präsentation auch eine Heizdecke gekauft - wenn die denn angeboten worden wäre.

Doch das „Launch Event der neuen IAA“ war selbstverständlich keine Kaffeefahrt. Vielmehr feierten sich der Verband der Autoindustrie (VDA), die Messe München sowie Stadt und Freistaat für eine Entscheidung, die in Berlin bis heute schmerzhaft nachwirkt. Überraschend hatte München Anfang März den Zuschlag bekommen für die internationale Leitmesse der Autoindustrie und nicht das favorisierte Berlin.

„Wir machen doch nicht die Vorgruppe des Oktoberfestes“, hieß es noch im Februar im VW-Konzern, der ursprünglich für Berlin war. Und das nicht nur wegen der zeitlichen Nähe der IAA Anfang September zum Anstich der Bierfässer auf der Wiesn. Doch dann war VW-Vorstandschef Herbert Diess auf den letzten Metern umgeschwenkt und hatte für München plädiert. Am Ende gab nicht das Konzept den Ausschlag, sondern die politische Unterstützung - ideell und materiell.

Keine Unterstützung von der Wirtschaftssenatorin

Während sich Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) über Monate wie angeekelt von der Industrie und ihrer Branchenschau distanzierte und dadurch Zweifel an der Willkommenskultur der Stadt im VDA provozierte, lockten Münchens SPD-Oberbürgermeister und der CSU-Ministerpräsident mit guten Worten und dicken Scheinen. „Auch ich persönlich habe dafür geworben und gekämpft“, sagte Söder am Mittwoch und nannte 15 Millionen Euro, die der Freistaat in die IAA investiere. Geworben hatte Berlins Regierender Bürgermeister auch - indes ohne einen Cent.

Selbst das Brandenburger Tor hat nicht geholfen - der Autoverband entschied sich für München und nicht Berlins als neuen Standort der IAA.

© Messe Berlin

Keinesfalls habe Bayern die IAA gekauft, darauf wies Münchens Messechef Klaus Dittrich hin, indem er Söders 15 Millionen einordnete: Das Geld komme weder der Messe noch dem Verband zugute, sondern fließe in die Verkehrsinfrastruktur seiner Stadt.

Söder wünscht sich einen "Autopakt"

„Die Autoindustrie ist ein Herzstück unserer Industrie, und die IAA ist das Schmuckstück“, brachte Söder die Bedeutung der Messe auf den Begriff. Der CSU-Politiker hat seit längerem den Umwelt- und Klimaschutz entdeckt, und so nutzte er die Gelegenheit zu ein paar Ratschlägen für die Autoindustrie. Zwar sei der Verbrennungsmotor „noch nicht am Ende“. Doch die Industrie brauche einen „Technologiesprung und eine Transformation, die nachhaltiger ist als alles, was wir bisher hatten“. Dazu könnte nach Söders Meinung „ein echter Autopakt“ beitragen, „der länger hält als die Autogipfel alle paar Monate“.

VDA spricht von einem Experiment

Wie im Fußball bei Trainerwechseln üblich wolle nun auch der Verband der Autoindustrie mit einer neuen Präsidentin in der Tabelle nach oben rutschen, meinte der Ministerpräsident und bot der VDA-Chefin Hildegard Müller, deren Karriere in der CDU begann und die nach einigen Jahren in der Energiewirtschaft den Autoverband seit Februar führt, eine Partnerschaft an.

Müller wiederum bedankte sich bei Söder und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), „für dieses Experiment auf das sie sich einlassen in dieser wunderbaren Stadt in einem wunderbaren Land“. Die neue IAA wünscht sich Müller als Plattform für eine „Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern zu neuen Mobilitätskonzepten“.

Gemeinsamkeit und Miteinander sind die neuen Leitvokabel einer Industrie, deren Selbstgefälligkeit über die Jahrzehnte erhebliche Ausmaße angenommen hatte. „Wir wollen aus dem Entweder-Oder rauskommen“, warb die Autopräsidentin für Kooperationen mit anderen Verkehrsträgern, Wissenschaftlern und Politik, Umweltschützern und Autofans. Dazu mögen die drei Säulen beitragen, auf denen künftig die IAA steht - 123 Jahren nach der ersten Messe in Berlin: „Summit, Blue Lane und Open Space“ haben sich die Marketingexperten als Begriffe einfallen lassen.

Eine Erlebnisstrecke quer durch München

Der Summit spricht die Fachbesucher aus der Branche an, aber auch Mobilitätsvertreter aus Politik und Gesellschaft. „München muss das Davos der Mobilität sein“, formulierte VDA-Geschäftsführer Martin Koers die Zielsetzung. Riesige Hallen vollgepackt mit blitzenden Autos eines Herstellers werde es künftig nicht mehr geben. „Wir wollen uns lösen von den Markenständen der Vergangenheit.“

Auf der Blue Lane durch München soll dann Mobilität buchstäblich erfahrbar sein. Die Strecke verbindet Königs- und Wittelsbacherplatz, Odeon- und Marienplatz. Nur Fahrzeuge mit gar keinen oder geringen Emissionen dürfen hier fahren, dazu ist eine Fahrradschnellstrecke im Gespräch. „So etwas gab es in München noch nie“, sagte die Projektleiterin der Messe München.

Vom 7. bis 12.9.2021 dauert die IAA und schrumpft mithin von 13 auf sechs Tage. Das wollte der Autoverband so, und das ist in München auch nicht anders möglich: Eine Woche später beginnt das Oktoberfest.

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