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Wirtschaft: Das Finanzamt rüstet elektronisch auf

Die Zahl der Kontenabfragen dürfte sich deutlich erhöhen – und vielleicht auch die Einnahmen des Fiskus

Berlin - Steuerzahler müssen damit rechnen, dass die Finanzämter künftig noch stärker als bisher nach verschwiegenen Konten fahnden. Die Kontenabfragen, die der Fiskus über das Bundeszentralamt für Steuern und die Finanzaufsicht Bafin bei den Kreditinstituten stellen kann, sollen noch in diesem Jahr auf eine komplett elektronische Basis gestellt werden. Eine entsprechende Vereinbarung sei bereits weit gediehen, heißt es beim Bundesverband deutscher Banken.

Die elektronische Abfrage solle „schnellstmöglich“ eingeführt werden, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums dem Tagesspiegel. Die Zahl der Kontenabfragen könnte dadurch auf 5000 im Monat steigen, schätzt Dieter Ondracek, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft.

Im vergangenen Jahr wurden bundesweit 8689 Anfragen gestellt, Tendenz steigend. Als das neue Kontrollinstrument am 1. April 2005 eingeführt wurde, gab es zunächst nur ein Kontingent von 50 Abfragen pro Tag – für alle 600 Finanzämter in Deutschland zusammen. Im Januar dieses Jahres summierten sich die Anfragen bereits auf 2160, im Februar sogar auf 2222, heißt es im Finanzministerium.

Doch noch ist das Verfahren kompliziert und bürokratisch. Schöpft ein Finanzbeamter Verdacht, dass ein privater Steuerzahler oder eine Firma neben den dem Finanzamt bereits bekannten Konten noch unbekannte weitere Bankverbindungen haben könnte, muss er zunächst seinen Chef fragen. Der muss die Erlaubnis geben, eine Kontenabfrage zu stellen. Das Formular mit der Anfrage geht per Post an das Bundeszentralamt für Steuern, das leitet die Anfrage elektronisch an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) weiter. Die Finanzaufsicht forscht dann ihrerseits in den Rechenzentren der Banken und Sparkassen.

Ein aufwändiges, zeitraubendes Verfahren. Kein Wunder, dass an einer Beschleunigung gearbeitet wird. Künftig soll alles – von der Abfrage im Finanzamt bis zur Recherche in den Rechenzentren – auf elektronischem Wege erfolgen. Die Hoffnung: Es soll noch mehr Abfragen und zusätzliche Einnahmen für die öffentlichen Kassen geben.

Tatsächlich liegt die Quote der unentdeckten Konten bereits jetzt relativ hoch. Von den 1575 Kontenabfragen, die es von April bis Dezember vergangenen Jahres in Berlin gab, führten 843 zu bislang unbekannten Girokonten und Depots, berichtet Frank Pippig von der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen. Ob es sich dabei aber tatsächlich um Fälle von Steuerhinterziehung handelte oder ob es plausible Erklärungen für die Konten gab, kann die Senatsverwaltung nicht sagen.

Weitere Investitionen in das Konten-Abfragesystem sind jedoch mit einer Unwägbarkeit behaftet. Noch steht nämlich eine abschließende verfassungsrechtliche Beurteilung durch Karlsruhe aus. Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr in einem vorläufigen Eilverfahren grünes Licht für die Abfragen gegeben, doch eine Entscheidung im Hauptsachverfahren steht noch aus. Erwartet wird sie im Laufe dieses Jahres, ein Termin steht allerdings bislang noch nicht fest.

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