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Diese roten Sneaker sind noch keine Geldanlage.

© Ekaterina Elagina - Fotolia

Update

Sneaker als Geldanlage: Das große Geschäft mit raren Sportschuhen

1200 Dollar für ein Paar Schuhe: Mit limitierter Streetwear wird mittlerweile gehandelt wie an der Börse.

Oliver Korittke hat einige. Mehr als 2500 genauer gesagt. Die meisten davon hat er nie getragen. Wenn es mit der Schauspielerei mal nicht mehr so gut läuft, dann will Korittke seine Sneaker einfach im Internet zum Verkauf anbieten, sagte der 48-Jährige einmal im „Playboy“. Korittke hat in Sneakers geheiratet – und sich in Sneakers scheiden lassen. Nach einer Werbekampagne mit „Deichmann“ wurde der Berliner Schauspieler, der unter anderem im Film Bang Boom Bang mitspielte, zum inoffiziellen „President of Sneaker“ erkoren.

Doch nicht nur Korittke verwendet Schuhe als Altersvorsorge: Bereits seit Jahrzehnten gibt es die sogenannte „Sneakerhead“-Kultur. Zunächst war es eine überschaubare Fan-Szene, immer auf der Jagd nach den neusten Schuh-Raritäten. „Sneaker“, zu Deutsch etwa „Schleicher“, ist ein Sammelbegriff für Schuhe, die sowohl zum Sport als auch im Alltag auf der Straße getragen werden können.

Es ist ein Milliardenmarkt, der sich rund um den Handel von Kultmarken wie „Air Jordan“ oder „Converse Chuck Taylor“ entwickelt hat. Streetwear – insbesondere der Handel mit limitierten Kollektionen – ist vom Untergrund-Phänomen zur kommerziellen Obsession geworden, von der auch Sportartikel-Firmen wie Nike und Adidas profitieren wollen. Das Geschäft ist zu einer richtigen Geldanlage geworden. An Online-Börsen werden Turnschuhe inzwischen wie Wertpapiere gehandelt. Bei der Eröffnung eines Nike-Fashion-Stores in New York schlugen Modebegeisterte Anfang August ihre Zelte vor dem Geschäft auf, um als erste ein Exemplar eines limitierten Sportschuhs zu ergattern. Der Rummel war so groß, dass der Sicherheitsdienst die Leute auf Abstand halten musste.

Der Preis von 1195 Dollar für ein seltenes Paar ist nicht unüblich. Daraus Gewinn zu schlagen, ist dann die Sache des Sammlers. Auch limitierte T-Shirts werden für 55 Dollar verkauft. „Das gehört für uns zum Geschäft“, sagt zum Beispiel Orlando, dem es dank besonders früher Anreise gelungen war, sich ganz vorn in der Schlange in New York zu positionieren. Gemeinsam mit seinem Kumpel Raymond kam der 17-Jährige mit seinem Klappstuhl aus der Bronx nach Lower Manhattan. „Ich werde mein Shirt definitiv weiterverkaufen“, sagte Orlando. Zwei Tage später schon ging es im Internet für 225 Dollar weg. „Wir arbeitslosen Kids aus der Bronx müssen auch Geld machen“, sagte Orlando. „Meinen bislang größten Profit habe ich mit Yeezy Boosts von Adidas gemacht – an denen habe ich 3500 Dollar verdient.“

Oliver Korittke, Oliver Kircher und Niklas Beckert. (war nicht anwesend) eröffnen 2013 ein Museum für urbane Popkultur (Generation 13) in Berlin Mitte. Da gibt's dann seltene Sneaker, Actionfiguren und Spielzeug von den 60ern bis heute - quasi alles, was die im Laufe der Jahre gesammelt haben.

© Mike Wolff, TSP

Andere, die vor dem Laden anstanden, betreiben den Sneakerhandel als Vollzeitjob. Andre etwa behauptete, über Facebook und Instagram genug Geld damit einzunehmen, um sich und seine Familie zu ernähren. Die „Sneakerheads“ haben sogar ihre eigene Online-Börse. Bei StockX werden limitierte Neuauflagen, aber auch Klassiker gehandelt. Das Unternehmen präsentiert seine Website im Stil einer Investment-Plattform. Wie hoch welcher Schuh gerade im Kurs steht, wird anhand von Angebot und Nachfrage laufend ermittelt.

„Sneakerheads“ gibt es rund um den Globus. Vor allem in New York, wo Kult-Labels wie „Supreme“, „10.Deep“, „Stussy“ oder „Kith“ sitzen, tummelt sich eine besonders eingefleischte Szene. Die Grenze zwischen Liebhabern und Geschäftsleuten ist allerdings fließend – kein Wunder angesichts des Wertsteigerungspotenzials der begehrten Ware.

Statt Dax oder Dow Jones stehen hier der Jordan oder Yeezy-Index im Fokus. StockX taxiert das Volumen dieses Zweitmarkts auf mehr als eine Milliarde Dollar. Laut der Analysefirma NPD Group ist der gesamte US-Markt für Sportschuhe 2015 um acht Prozent auf 17,2 Milliarden Dollar gewachsen. Daran gemessen wirkt die Sammler-Nische noch überschaubar.

Für Branchengrößen wie Nike oder Adidas ist das Segment dennoch attraktiv. Über die Gewinnspannen bei limitierten Modellen verraten die Unternehmen nichts, aus „Wettbewerbsgründen“, wie ein Adidas-Sprecher erklärt. Fest steht aber auch so: Der Hype stärkt die Marke. Und Partnerschaften, wie Adidas sie bei Yeezy Boost mit dem Rapper Kanye West eingegangen ist, verleihen Star-Appeal.

Wenn Oliver Korittke der deutsche Sneaker-Präsident ist, dann ist Kanye West wohl so etwas wie der Gott der Sneaker-Kultur. Seine eigene Edition, unter anderem die begehrten knallroten Turnschuhe, werden auf Ebay gehandelt wie teurer Whiskey oder Wein. „Wer sie für mehrere Tausend Dollar lieber nicht auf dem Asphalt zerlatschen will, kann sie sich als Sammlerstück in die Vitrine stellen. In ein paar Jahren dürfte ihr Wert weiter gestiegen sein“, heißt es auf Ebay.

Die wohl teuersten Sneaker sind solche, die schon einmal getragen wurden – von Prominenten oder Sportstars wie etwa Michael Jordan. Die ehemaligen Schuhe von Basketball-All-Star Robert Parish mit Autogramm kosten beispielsweise 38000 US Dollar. Auch ausgelatschte Schuhe des deutsche Basketballer Dirk Nowitzki erzielen hohe Preise. (mit dpa)

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