zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Das rot-grüne Steuerchaos

Mitte der vergangenen Woche beschloß das Bundeskabinett, was die rot-grünen Koalitionäre schon zu Beginn der Verhandlungen über die Steuerreform angekündigt hatten: Der Sparerfreibetrag, der bislang Zinseinkünfte bis zu 3000 DM (Ledige) beziehungsweise 6000 DM (Verheiratete) dem Zugriff des Fiskus entzieht, wird zum 1.Januar nächsten Jahres halbiert.

Mitte der vergangenen Woche beschloß das Bundeskabinett, was die rot-grünen Koalitionäre schon zu Beginn der Verhandlungen über die Steuerreform angekündigt hatten: Der Sparerfreibetrag, der bislang Zinseinkünfte bis zu 3000 DM (Ledige) beziehungsweise 6000 DM (Verheiratete) dem Zugriff des Fiskus entzieht, wird zum 1.Januar nächsten Jahres halbiert.Auch Aktiensparer und Immobilienbesitzer sollen bluten.Rückwirkend zum Beginn dieses Jahres werden nach dem Willen der neuen Regierung die Spekulationsfristen für Kursgewinne am Aktienmarkt von sechs Monaten auf ein Jahr verdoppelt, für Veräußerungsgewinne von vermieteten Immobilien soll man gar künftig zehn statt wie bisher zwei Jahre lang haften.

Der Griff ins Portemonnaie hat ganz banale Gründe: Irgendwoher müssen die Milliarden ja kommen, mit denen die Erhöhung des Grundfreibetrags, die Senkung der Steuersätze und das verbesserte Kindergeld finanziert werden.Dabei ist schon jetzt absehbar, daß die bisherige "Giftliste" zu kurz greift.Denn die neu rekrutierten Steuereinnahmen reichen bei weitem nicht aus, um das nötige Geld für die Steuergeschenke an die anderen zusammenzukratzen.Wie Rot-Grün in den nächsten Monaten dann noch das Familienurteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen will, steht derzeit in den Sternen.Und weiteres Ungemach für die öffentlichen Kassen droht, wenn sich das Bundesverfassungsgericht in diesem Jahr erneut zu Wort meldet und entscheidet, ob die bislang übliche Rentenbesteuerung mit der Verfassung vereinbar ist.

Nein, weitere steuerpolitische Minen aus Karlsruhe kann Finanzminister Oskar Lafontaine wirklich nicht gebrauchen.Und auch die "Neue Mitte" nicht.Denn mit dem, was Rot-Grün jetzt schon seinen Wählern zumutet, ist das Ende der Fahnenstange erreicht.Beispiel Sparerfreibetrag: Selbst bei den derzeit herrschenden Mickerzinsen würde die Halbierung der Freibeträge Ledigen, die 75 000 DM und mehr angespart haben, Zinssteuern zugunsten der Staatskasse einbrocken.Verheirateten beschert dieser Schritt nach Berechnungen der Banken Mehrbelastungen zwischen 1300 und 3200 DM im Jahr.Und wer - ganz im Sinne einer vernünftigen Anlagemischung - nicht nur auf das Kapital, sondern auch auf Immobilien setzt, ist doppelt angeschmiert: Die zehnjährige Spekulationsfrist garantiert dem Finanzamt, daß man die allermeisten Veräußerungsgewinne wohl mit ihm teilen muß.

Umverteilung heißt das Primat der rot-grünen Steuerpolitik.Den Niedrigverdienern will man geben, von den Gutbetuchten dafür nehmen.Doch außer dem guten Willen ist nicht viel zu erkennen.Die nackte Geldbeschaffungsnot führt dazu, daß die rot-grüne Steuerpolitik zu willkürlichem Flickwerk mutiert.Höhere Steuern auf Benzin oder Heizkosten im Zuge der Ökosteuer, ein oder zwei Prozentpunkte mehr bei der Mehrwertsteuer - schon schwindet auch bei den rot-grünen Vorzeigehaushalten die viel gerühmte Entlastungswirkung.Hinzu kommen hektische Nachbesserungen unter Lobbyisten-Druck: Wer laut genug protestiert, kann das Schlimmste abwenden, wer zu spät kommt, den bestraft der Finanzminister.

Von einem Konzept ist dabei nichts mehr zu sehen.So will auch Rot-Grün nolens volens die gesetzliche Rentenversicherung umkrempeln und der Tatsache Rechnung tragen, daß immer weniger Beitragszahler für immer mehr Rentenbezieher aufkommen müssen.Selbst wenn noch um den Königsweg gestritten wird, die Marschrichtung ist klar: Kürzungen sind unvermeidlich, und auf die gesetzliche Rente allein werden sich die heute 30- oder 40Jährigen nicht verlassen können.Doch zugleich besteuert die Regierung gnadenlos die Kapitaleinkünfte, die den Grundstock der künftigen Altersvorsorge bilden.Was, bitteschön, soll das?

Auch rechtlich ist der Kahlschlag beim Sparerfreibetrag nicht ohne.Zur Erinnerung: Als im Jahr 1993 die Zinsabschlagsteuer eingeführt wurde, verzehnfachte der Gesetzgeber die damals geltenden Freibeträge von 600 DM (Ledige) und 1200 DM (Verheiratete), um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden.Denn es waren wieder einmal die Karlsruher Richter, die mahnend den Finger erhoben und auf die besondere Inflationsanfälligkeit sowie die Bedeutung des Kapitalvermögens für die Altersvorsorge hingewiesen hatten.Schnee von gestern? Wer weiß.Aber eines ist sicher: Allzu viele Schlappen in Karlsruhe können sich die rot-grünen Steuerfahnder nicht mehr leisten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false