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Tierischer Protest: Ein Bauer hat in der Vorwoche seine Landschweine ins Berliner Regierungsviertel getrieben.

© dpa

Grüne Woche: Das Vertrauen ist zerstört

Auf der Grünen Woche diskutieren Experten mögliche Lehren aus dem Dioxin-Skandal. Das Ziel: bessere Kontrollen, bessere Aufklärung.

Die Wissenschaftler sind sich einig: „Nie waren Lebensmittel sicherer als heute“, sagt Gerd Fricke vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, bei dem die Berichte der amtlichen Lebensmittelkontrolleure zusammenlaufen. „Die Lebensmittelsicherheit ist auf einem hohen Niveau“, meint auch Alfonso Lampen vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Sein Institut hat untersucht, wie gefährlich die Dioxin-Belastung von Eiern und Fleisch im jüngsten Futtermittelskandal wirklich war. Sein Fazit: Die gemessenen Durchschnittswerte liegen weit unter den zulässigen Grenzwerten. Kein Grund zur Panik also, fasst Lampen seine Ergebnisse am Donnerstag auf einem Forum zur Lebensmittelsicherheit zusammen, das die Verbraucherzentralen auf der Grünen Woche veranstalten.

Doch viele Bürger glauben den Wissenschaftlern nicht. Die Händler spüren das, auch im Ausland: „Früher hatten deutsche Produkte im Ausland ein hohes Ansehen“, sagt Hans-Jürgen Matern, der bei der Metro-Gruppe für die Qualitätssicherung zuständig ist. „Seit 14 Tagen kriegen wir nicht eine Möhre verkauft.“ Darunter leiden auch die Lebensmittelhersteller. Russland und andere Staaten hätten ihre Märkte für deutsches Schweinefleisch gesperrt, kritisiert Matthias Horst von der Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie und geißelt die Futtermittelpanscherei als „absolute Sauerei“.

Natürlich sehen sich auch die Landwirte als Opfer. „Die Bauern sind die Betrogenen“, ärgert sich Adalbert Kienle vom Deutschen Bauernverband. Er ruft nach dem Staat, will mehr Kontrollen und begrüßt Agrarministerin Ilse Aigners Aktionsplan, den die CSU-Politikerin am Montag ihren EU-Kollegen präsentiert hat. Bei denen erntete sie Lob, allerdings konnte sie sich mit dem Vorschlag nicht durchsetzen, eine Positivliste einzurichten, auf der alle Zutaten aufgelistet werden sollen, die ins Tierfutter dürfen.

Mit den Ministern der Bundesländer, die für die Lebensmittelkontrolle zuständig sind, will Aigner jetzt umgehend ihren Plan verabschieden und umsetzen. Auch ein „Pisa der Lebensmittelkontrolleure“ ist geplant, bei dem ein Ranking der knapp 500 Überwachungsstellen vorgenommen werden soll.

Mit besseren Kontrollen, besserer Aufklärung der Verbraucher und einer Zulassungspflicht für Futtermittelhersteller soll das Vertrauen wiederhergestellt werden. Doch das ist nicht erst seit dem Dioxin-Skandal erschüttert, gibt Gerd Billen, Chef der Verbraucherzentralen, zu bedenken. Viele Menschen würden schon seit längerem den Versprechen der Werbung nicht mehr glauben. Etwa bei den Fernsehspots der Geflügelfirma Wiesenhof: „Wie viele Hähnchen von Wiesenhof werden in ihrem Leben jemals eine Wiese sehen?“, fragt er.

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