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Datenaffäre: Mehdorn gerät in Bedrängnis

Gewerkschaften und Minister drohen dem Bahnchef mit Vertrauensentzug, wenn dieser die Aufklärung der Datenaffäre behindere.

Eigentlich sind Drohungen für Hartmut Mehdorn nichts Neues. Im Deutschen Bundestag findet sich kaum ein Politiker, der den Bahnchef noch nicht zum Rücktritt aufgefordert hat. Doch nun rücken in der Datenaffäre offenbar auch die von ihm ab, die ihn bisher gestützt haben. Sowohl die Gewerkschaften als auch Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) drohen Mehdorn mit Vertrauensentzug. In einem gemeinsamen Positionspapier der Bahn-Gewerkschaften Transnet und GDBA, das dem „Tagesspiegel am Sonntag“ vorliegt, erörtern die Arbeitnehmervertreter die Frage, ob sie Mehdorn „weiterhin für tragbar erachten“. Minister Tiefensee sagte in einem Interview, sein Vertrauen in Mehdorn sei „nicht uneingeschränkt“.

Hintergrund der Angriffe ist ein Streit um die Aufklärung der Datenaffäre bei der Bahn. Die beiden Sonderermittler Herta Däubler-Gmelin und Gerhart Baum, die zusammen mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG aufklären sollen, wer für den umstrittenen Datenabgleich bei den Bahn-Beschäftigten verantwortlich ist, hatten sich zuletzt beim Aufsichtsrat über die Behinderung ihrer Arbeit beschwert. Akten würden nicht herausgegeben oder seien unvollständig. Zudem beharre der Antikorruptionsbeauftragte der Bahn, Wolfgang Schaupensteiner, darauf, jede Akteneinsicht einzeln zu genehmigen. Mehdorn hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und seine Zweifel an der Professionalität und Unbefangenheit der beiden Sonderermittler geäußert, die von den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat eingesetzt wurden.

Der Compliance-Ausschuss des Aufsichtsrats, der für die Aufarbeitung der Affäre zuständig ist, stellte sich am Sonnabend hinter die Ermittler. Der Ausschuss habe festgelegt, dass Däubler-Gmelin, Baum und KPMG vorbehaltlos zu unterstützen seien, sagte ein Transnet-Sprecher. Die Kanzlei Mayer Brown, die für den Bahnvorstand arbeitet, und Bahn-Aufklärer Schaupensteiner hätten sich dagegen aus den Ermittlungen herauszuhalten. Bei seiner Sitzung am 27. März erwarte der Aufsichtsrat Ergebnisse.

Die Gewerkschafter machen ihrer Wut über Mehdorns Verhalten zudem in einem internen Positionspapier Luft. Sollte sich im Rahmen der Untersuchungen herausstellen, dass Mehdorns Aussagen, er habe von den Datenabgleichen nichts gewusst, „nicht der Wahrheit entsprächen, wäre der Vertrauensbruch gegenüber dem Aufsichtsrat und den Beschäftigten im Bahnkonzern so groß, dass ein Rücktritt oder eine Abberufung die einzig gerechtfertigte Konsequenz wäre“, drohen die Gewerkschafter in dem Papier. Zu einem ähnlichen Ergebnis würde die Störung der Ermittlerarbeit führen: Sollte der Vorstand die Ermittlungen behindern, „wäre eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat, den Sozialpartnern und dem Bahnvorstand nicht mehr möglich“, heißt es.

Auch Verkehrsminister Tiefensee rückt immer weiter von Mehdorn ab. Dessen Vorwürfe gegen Baum und Däubler-Gmelin seien „ungeheuerlich“, sagte Tiefensee der „Süddeutschen Zeitung“: Es sei unzweifelhaft, „dass der Vorstand das Unternehmen in Sachen Datenschutz nicht professionell geführt hat“.

Auch Mehdorns Lieblingsprojekt, der Börsengang der Bahn, wird von Tiefensee nicht mehr unterstützt. Wegen der Finanzkrise stehe der Börsengang „nicht mehr auf der Agenda“, sagte Tiefensee. „Und ich denke, er sollte auch in der nächsten Legislaturperiode nicht weiter verfolgt werden.“ Die Bahn wollte sich zu den Aussagen nicht äußern.

Stefan Kaiser

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