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Wirtschaft: Der Ladenschluss kippt von Norden her Am Mittwoch urteilt das Verfassungsgericht – Bundesländer und Händler sind vorbereitet

Die teilweise Öffnung des Ladenschlusses, die nach Tagesspiegel-Informationen am kommenden Mittwoch vom Bundesverfassungsgericht verfügt wird, ruft einige Bundesländer auf den Plan. Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel drängt auf eine weitgehende Liberalisierung.

Die teilweise Öffnung des Ladenschlusses, die nach Tagesspiegel-Informationen am kommenden Mittwoch vom Bundesverfassungsgericht verfügt wird, ruft einige Bundesländer auf den Plan. Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel drängt auf eine weitgehende Liberalisierung. „Wir sind optimistisch, dass in unserem Sinne entschieden wird“, sagte Gerd Lange aus dem Schweriner Wirtschaftsministerium dem Tagesspiegel am Sonntag.

Im Gespräch ist nicht nur eine Freigabe der Verkaufszeiten an Werktagen, sondern auch an Sonntagen. Zumindest ab Mittag, wenn der Gottesdienst vorbei ist, sollen künftig überall im Land die Läden öffnen dürfen. In 155 anderen, kleinen Orten Mecklenburg-Vorpommerns ist das jetzt schon Realität: In den Seebädern und anderen touristischen Zentren können Gäste und Einheimische bereits heute auch sonntags shoppen gehen. Das soll künftig auch landesweit erlaubt sein. Ob die Städte und Gemeinden von der Möglichkeit Gebrauch machen, möchte die Landesregierung gern den Kommunen überlassen.

In Hamburg könnte man nach einem entsprechenden Urteil der Verfassungsrichter bereits „innerhalb von vier Wochen“ ein Landes-Ladenschlussgesetz auf den Weg bringen, betonte Christian Saadhoff, Sprecher der Wirtschaftsbehörde. Die CDU-Regierung unter Bürgermeister Ole von Beust will jedoch die Sonntagsruhe schützen. Dafür sollen die Läden von Montag bis Freitag rund um die Uhr öffnen dürfen. Ähnliches gilt für Schleswig-Holstein. Auch in Kiel würde man gern den Handel in der Woche völlig freigeben, an Sonn- und Feiertagen sollen die Läden dagegen grundsätzlich zu bleiben. Anders als die norddeutschen Nachbarn möchte Schleswig-Holstein jedoch keine Länder-Insellösungen, sondern eine bundesweit einheitliche Regelung.

Im Berliner Senat, von dem der Handel eigentlich erwartet hatte, dass er die Pionierrolle bei den Öffnungszeiten übernimmt, macht man sich dagegen noch keine Gedanken. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit habe sich zwar immer für eine Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes ausgesprochen, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer. Man werde aber „abwarten“. Berlins SPD-Fraktionschef Michael Müller will sich dagegen für eine vollständige Freigabe der Öffnungszeiten mit Ausnahme des Sonntags einsetzen: „Das war bisher die Auffassung der Koalition.“ Die vier verkaufsoffenen Sonntage im Jahr bei Großverantaltungen sollten aber erhalten bleiben. Für Roswitha Steinbrenner, Sprecherin von PDS-Senatorin Heidi Knake-Werner, gibt es zunächst „keinen Anlass zu weiteren Regelungen“. „Wir haben doch eigentlich schon die liberalste Großstadt in Deutschland“, sagte sie.

Diese Haltung könnte sich schnell ändern, wenn das Land Brandenburg handelt: Für eine völlige Freigabe der Öffnungszeiten von Montag bis Samstag plädiert nämlich der brandenburgische Wirtschaftminister Ulrich Junghanns (CDU). „Dem Einzelhändler muss es selbst überlassen bleiben, individuell bedarfsgerechte Lösungen zu finden“, sagte Junghanns dem Tagesspiegel. Allerdings bleibe der Sonntag Ruhetag.

Lovro Mandac, Chef des Kaufhofs, der die Verfassungsklage angestrengt hatte, kündigte an, nach der Abschaffung des Ladenschlussgesetzes als eines der ersten Unternehmen die Öffnungszeiten zu verlängern. „Wir sind für alles offen“, sagte auch Bernd Bednorz, Marketingchef der Handelskette Strauss Innovation. „Bisher waren verkaufsoffene Sonntage in Städten wie Berlin immer ein Erfolg.“ Nach der Verlängerung der Öffnungszeiten am Samstag sei dieser Tag der umsatzstärkste der Woche geworden. Auch bei der Textilkette H&M hält man verkaufsoffene Sonntage für sinnvoll. „Wir müssen aber erst abwarten, wie sich die Kundenströme verändern“, sagte H&M-Sprecher Matthias Geduhn. Derzeit entscheiden die Standorte selbst, ob sich längere Öffnungszeiten lohnen.

Das Gleiche gilt für Deutschlands größten Warenhauskonzern Karstadt. „Bevor die Öffnungszeiten ausgedehnt werden, muss mit dem Betriebsrat eine Einigung erzielt werden“, sagte Sprecher Elmar Kratz. Auch bei Tchibo mit seinen bundesweit 870 Läden gibt es Überlegungen, länger zu öffnen. „Wir werden uns nach dem Umfeld eines Standorts richten. Wenn andere Händler länger öffnen, machen wir mit“, sagte Sprecherin Stefanie von Carlsberg. Die Deutschland-Zentrale des US-Handelskonzerns Wal Mart hält eine Verlängerung der Öffnungszeiten ebenfalls für sinnvoll. Man verspreche sich davon eine „spürbare Service-Verbesserung“ für die Kunden. „Das ist ein Weg, um der Konsumflaute zu begegnen und neue Arbeitsplätze zu schaffen“, erklärte das Unternehmen.

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